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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
66. Jahresband.1986
Seite: 196
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Frist würden dann die Schuldner ,,on gnode mit sweren bannen, ußtribungen
und verslagungen verderplich und dick flüchtig gemacht . . . von sinen kin-
dern"98. Die Folge davon sei, so der unbekannte Verfasser, daß sich die Leute
gar nicht mehr aus dem Bann lösten" und daß sie in „andern Sünden . . . versteinet
und gancz vermocht" wurden und so mancher „in vil iaren das heilig
sacrament zuo den ostern niemer empfohent . . . und XXX jore und lenger im
den bann also verüben ist100. Damit ist gewissermaßen der Kreislauf geschlossen
. Der Bauer blieb dem Gottesdienst fern, nicht weil er zu faul war, sondern
weil er durch den Kirchenbann von diesem ausgeschlossen war101.

Die Darstellung vom kümmerlichen Leben des Bauern findet sich nicht nur in
den bildlichen Darstellungen der Zeit, auf denen die mit Stroh gedeckten Hütten
der Bauern mehr als baufällig sind, auf denen die Bekleidung der Menschen
mehr Lumpen als einem ordentlichen Gewand gleicht. Auch in den
schriftlichen Quellen, die nicht einem einseitigen ständischen Bild verpflichtet
waren oder sich satirisch mit den Bauern auseinandersetzten, werden die Lebensumstände
der Landbevölkerung ähnlich beschrieben. Hier wird nicht die
üppig essende Bauernfamilie geschildert, sondern ein sehr bescheidenes Essen,
das vor allem aus geringen Mengen Brot und größtenteils aber aus Haferbrei
und gekochtem Gemüse bestand. Getrunken wurde Wasser oder Molke102.
Das sind die Lebensumstände der „armen luit", ein Ausdruck, mit dem die
Straßburger Reformschrift aus der Mitte des 15. Jahrhunderts die Leute auf
dem Lande ganz allgemein bezeichnet.

Fassen wir zusammen: Die Situation des Bauern hat sich seit dem 13. Jahrhundert
ganz allgemein gebessert, wobei aber festgehalten werden muß, daß
nicht alle an diesem Aufstieg in gleichem Maße teil hatten.

Insgesamt gesehen, war die Lage der bäuerlichen Bevölkerung im Spätmittelalter
jedoch wenig beneidenswert. Bei der Masse der Bauern lagen die Erträge
und das Einkommen weit unter vergleichbaren Einkommen der Stadtbewohner
. Die Feudallasten an die geistlichen und weltlichen Grundherren und seit
dem 14. Jahrhundert auch an die Territorialherren wurden angesichts der seit
Mitte des 14. Jahrhunderts fallenden Getreidepreise immer drückender. Vielfach
blieb selbst der mittleren Bauernschicht nur das Nötigste zum eigenen
Verbrauch. Obwohl der Bauer die Hauptlast der mittelalterlichen Wirtschaft
trug, blieb er das verachtete Mitglied der mittelalterlichen Ständegesellschaft,
was in einem Spruch aus der Mitte des 15. Jahrhunderts sich deutlich niederschlägt
:

„Der Bauer ist an Ochsen statt,
nur, daß er keine Homert hat"103.

Der Begriff „gebur" beinhaltet im Bewußtsein der anderen Stände, des Adel,
des Klerus und der Städter schlechthin alle Merkmale des Derben, Zuchtlosen
und des Ungebildeten.

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