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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
66. Jahresband.1986
Seite: 205
(PDF, 109 MB)
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weitem Horizont aus; er hat zahlreiche Einzelheiten festgehalten, die das Güterbuch
zu einer einzigartigen Quelle für die Orts-, Sprach- und Kunstgeschichte
machen und die uns über den Stand des Landesausbaues6 in Herbolzheim
unterrichten. Andernorts wurden vergleichbare Aufzeichnungen nicht
angelegt, oder sie gingen verloren, oder sie wurden absichtlich zerstört: Abgabepflichtige
wußten, warum sie Güteraufzeichnungen verbrannten, wenn sich
die Gelegenheit dazu bot7. Träumen nicht auch wir gelegentlich davon, unangenehme
Unterlagen des Finanzamtes seien ein Raub der Flammen geworden?

Zenlin zeigte sich als Kind seiner Zeit. Die Scholastik bemühte sich, Widersprüche
zwischen unterschiedlichen Überlieferungen und voneinander abweichenden
Autoritäten in Philosophie und Theologie, Widersprüche zwischen
These und Antithese in einer beide überhöhenden Synthese aufzufangen, unter
Einsatz des menschlichen Verstandes. Zenlin versichert in der Einleitung,
er habe sich nicht nur auf schriftliche Dokumente gestützt, sondern nach seinen
Möglichkeiten „die Wahrheit auch von glaubwürdigen Menschen zu erforschen
gesucht, Menschen, die dem geistlichen oder dem weltlichen Stand
angehören" (2/5). In solchen Fällen wurden mit den örtlichen Verhältnissen
vertraute Männer — zumeist wohl Bauern — unter Eid befragt (z. B.
217/499). Eine derartige Einvernahme stellt die schon erwähnte untere Initiale
der Eingangsseite dar. Da Meineid vom weltlichen und kirchlichen Recht mit
schweren Strafen belegt war, fallen die Aussagen — Weistümer, weil Menschen
hier Recht „weisen", eine für den Historiker reiche Quellengattung —
oft sehr differenziert aus. Zu bestimmten Gütern sagen die Befragten etwa,
„daz si an disen guetern zwifeleten" (220/504). Herbolzheimer Bauern versicherten
einmal, offensichtlich unaufgefordert, bei einer Transaktion seien
dem Kloster weitere Güter zugefallen. Zenlin ist dieser Aussage nachgegangen
, stellt dann jedoch fest: „Aber hierin irrten sie, denn die Ländereien sind
in den oben verzeichneten Gütern eingeschlossen" (290/689). Das Beispiel
zeigt, daß Bauern nicht nur als Arbeitskräfte unentbehrlich waren8. Zwar sind
sie generationenlang ausgebeutet, geschunden und — wie noch heute das
Schimpfwort „bäurisch" zeigt — verachtet worden; doch war man sich ihres
Wertes bewußt, wie zwei Hinweise aus dem Bereich der Literatur und des
Spiels veranschaulichen mögen: Ein Bauernmädchen ist bereit, einen Ritter
mit ihrem Blut vom Aussatz zu befreien9. Im Schachspiel, das schon im Mittelalter
gern gespielt wurde, kann der Bauer nur kurze Schritte tun; als einzige
Figur darf er nie zurück — aber er kann in die Dame, die stärkste Figur, verwandelt
werden, und: Er kann den König mattsetzen und damit das Spiel entscheiden
.

Unorganisch, so möchte man sagen, geht Zenlin bei der Gliederung seines
Werkes vor. Er legt es nicht nach dem Zeitpunkt des Erwerbs der Güter an,
was nahegelegen hätte, auch nicht durch Zusammenfassung benachbarter Orte
; vielmehr entscheidet er sich bewußt für die alphabetische Reihung (secun-
dum ordinem litterarum alfabeti; 2/7). Dadurch werden räumlich zusammen-

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