Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
66. Jahresband.1986
Seite: 209
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(Zellerar; als Zellerar hatte Zenlin mit der Anlage des Güterbuches angefangen
) unterstellt war. Die Laienbrüder waren an die klösterliche Disziplin gebunden
, Frauen wurden also auf den Höfen nachts nicht geduldet.

Die Wirtschaftshöfe der Zisterzienser — oft durch planvolles, Unfrieden stiftendes
„Bauernlegen" entstanden16 — entwickelten sich in vielen europäischen
Ländern zu Musterbetrieben, die die Kultivierung des Landes förderten
. Doch konnte das Grangiensystem nur so lange funktionieren, wie sich
Laienbrüder zum entsagungsvollen Dienst an den Mönchsgemeinschaften bereitfanden
. Zur Zeit, da Zenlin das Güterbuch anlegte, hatte der Mangel an
Arbeitskräften Tennenbach schon gezwungen, große Teile seiner Liegenschaften
zu verpachten.

Herbolzheim sieht sich seit je durch Klima, Boden, Lagen und Bodenschätze
von der Natur gefördert. Die naturräumlichen Gegebenheiten begünstigen den
Anbau unterschiedlicher landwirtschaftlicher Kulturen17, wie auch das Güterbuch
zeigt. Dieses bezeugt ferner die Spezialisierung in Handwerk und Gewerbe
und die Arbeitsteilung zwischen Stadt und Land. Die wirtschaftliche Selbständigkeit
früherer Bauernwirtschaften ist ein Mythos; der Bauer war ein,
allerdings ein sehr wichtiges Rad in der arbeitsteiligen Gesellschaft. Nach Ausweis
der Einträge im Güterbuch fanden in Herbolzheim auch Schmiede,
Schneider, Müller, Bäcker ihr Brot18. Im Raum Herbolzheim wurden, z.T. seit
vorgeschichtlicher Zeit bis ins 20. Jahrhundert, Bodenschätze ausgebeutet;
das Güterbuch erwähnt eine „isengruobe" (209/486), die „steinen gruben"
(230/521) und einen „kalchofen" (288/685). Arbeitslosigkeit als Massenerscheinung
, wie sie uns wieder zu schaffen macht, schärft den Blick des Historikers
für den Arbeitsmarkt vergangener Zeiten. In Eisengrube und Steinbruch
sowie am Kalkofen konnten nachgeborene Bauernsöhne, die auf dem
heimischen Hof nicht gebraucht wurden, Arbeit finden; sie waren nicht zur
Abwanderung in die Stadt oder in die dünnbesiedelten, noch kaum erschlossenen
Länder Ost- und Südosteuropas gezwungen.

Weitere Gewerbe lassen sich aus den Quellen erschließen, Fuhrmann und
Brunnenbauer seien ausdrücklich genannt. Mit Eisenbahn, Autobahn, Schifffahrt
und Bundesstraße 3 bildet das Rheintal heute eine der wichtigsten Verkehrsachsen
Europas. Wenn bis in die Neuzeit der Land verkehr auch vornehmlich
auf der linksrheinischen Straße von Basel nach Straßburg verlief, so
war Herbolzheim doch verkehrsmäßig begünstigt: Wer von Freiburg oder
Breisach nach Norden reiste, brauchte nach einer Tagereise Unterkunft für
Mensch und Tier, vielleicht auch einen Schmied, der die Pferde neu beschlagen
, oder einen Stellmacher, der den Wagen in Ordnung bringen konnte. Herbolzheim
liegt dreißig Kilometer von Breisach, Freiburg und Offenburg entfernt
. Wie die Geschichte des Ortes zeigt, auch die Stadtrechtsverleihung,
derer wir heute gedenken, hat das heimische Gewerbe die Gunst der Lage zu
nutzen verstanden, obwohl sich auch Kenzingen und Ettenheim um die Reisenden
bemüht haben.

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