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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
66. Jahresband.1986
Seite: 211
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nach Risikostreuung erklären: Im Falle einer Mißernte schnellten die Preise
hoch; dann waren festgesetzte Nahrungsmittellieferungen willkommen. Andererseits
ist Geld leichter zu transportieren (und vor den Blicken argwöhnischer
Eintreiber von Abgaben zu verstecken!) sowie vielfältiger verwendbar als Getreide
und Geflügel, aber es war — wie heute — einem schleichenden Entwertungsprozeß
ausgesetzt, der den Zeitgenossen nicht verborgen geblieben ist.
Von Jahrzehnt zu Jahrzehnt sank der Silbergehalt der Münze, hier mehr, dort
weniger. Deshalb wurde die Münze, in der die Abgabe zu leisten war, wiederholt
genau festgesetzt; aus Herbolzheim bezog Tennenbach u.a. Abgaben in
Straßburger Pfennigen (227/516).

Die Höhe der Abgaben war meist21 genau festgelegt, was den Abgabepflichtigen
begünstigte: Fleiß und Aufmerksamkeit zahlten sich aus. Wer die Reben
richtig beschnitten, die Ernte vor dem Gewitter eingebracht hatte, erzielte höhere
Erträge, brauchte prozentual weniger abzuliefern. Daneben begegnet in
den Aufzeichnungen eine andere, an der Ertragshöhe ausgerichtete, die bäuerliche
Aktivität eher lähmende Abgabe: Der Zehnt. Da der Bauer im allgemeinen
warten mußte, bis der Zehntherr jede zehnte Garbe ausgesondert hatte,
konnte die Ernte oft nicht rechtzeitig geborgen werden — zum Schaden auch
des Zehntherren.

Der moderne Staat erhebt unterschiedliche Steuern. Vorläufer dieses Abgabensystems
reichen weit in die Vergangenheit zurück, wie auch das Güterbuch
zeigt. Das Kloster beansprucht außer der jährlich fälligen Abgabe eine Gebühr
bei Besitzwechsel, oft die Hälfte des Jahreszinses (z. B. 289/688). Wollte jemand
in die Bewirtschaftung des Besitzes eintreten, mußte er sich als erbberechtigt
ausweisen und den Eigentümer mit einem Anerkennungszins ehren,
daher die Bezeichnung Erschatz (laudemium)22. Da die Menschen jünger starben
als heute, wurde diese Gebühr häufiger fällig, konnte sich also bei den
Einnahmen des Klosters spürbar auswirken.

Die meisten Abgaben sind an Martini (11. November) fällig. Bis dahin war die
sprichwörtliche Martinsgans fett, konnte ein Teil des Getreides ausgedroschen
, vielleicht auch schon verkauft sein, so daß die Abgabepflichtigen ihre
Geldzinsen leisten konnten. Da es sich um Bringschulden handelte, mußten
sich die Pächter bei dieser Gelegenheit als Schuldner des Klosters öffentlich
bekennen. Selten sind andere Termine ausgemacht; Geldzinsen sind gelegentlich
an zwei Halbjahresterminen fällig, am Fest Johannes des Täufers (24. 6.)
und an Weihnachten (290/689). Ein andermal ist davon die Rede, daß Weizen
, Roggen und Gerste „vor Weihnachten" nach Kenzingen geliefert werden
sollen (214/494); diese Bestimmung begünstigte den Empfänger: Tennenbach
war der Mühe der Lagerhaltung und des Transportes zum Marktort enthoben.

Auch im Herbolzheimer Raum wird man im langjährigen Durchschnitt selten
mehr als das Dreifache der Aussaat geerntet haben. Angesichts der fast immer
angespannten Ernährungslage mußte der größte Teil der landwirtschaftlichen

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