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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
66. Jahresband.1986
Seite: 218
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tende Richtschnur wurde; in Benediktinerklöstern gilt sie heute noch. Man
wird in der europäischen Geschichte vergeblich nach einer Verfassung suchen,
die sich — bei orts- und zeitbedingten Anpassungen — über fast eineinhalb
Jahrtausende als tragfähig bewährt hat.

In Benediktinerklöstern versammelten und versammeln sich Menschen, die in
der Nachfolge Jesu ein „alternatives" Leben führen wollen: Armut, d.h. Verzicht
auf persönlichen Besitz, Keuschheit (nicht nur Ehelosigkeit!), persönlicher
Gehorsam der Regel und dem Abt gegenüber, Bindung an die eine Gemeinschaft
(stabilitas loci) — und das alles auf Lebenszeit! Jahrhundertelang
zog diese Daseinsform Menschen an, die hohe Ansprüche nicht an andere,
sondern an sich selbst stellten. Unter ihnen waren wiederholt sogar Mitglieder
von Königs- und Kaiserhäusern. Da diese Menschen die biblischen Normen
ernstnahmen, erhielten sie oft so reichen Zulauf, daß einzelne Gemeinschaften
zeitweilig auf mehrere hundert Mitglieder anwuchsen. Größere Konvente
sandten Mönche aus zur Gründung eines neuen Konventes, der seiner Verfassung
und wirtschaftlichen Stellung nach jedoch selbständig blieb.

Die Klöster erhielten Zuwendungen von Mächtigen und Besitzenden — oft zur
Sündentilgung, als Hilfe für die diesseitige wie auch für die jenseitige Läuterung
; oder als Zeichen des Dankes, z.B. für gesunde Heimkehr von einem
Kreuzzug; oder als Mitgift für ein in das Kloster eintretendes Familienmitglied
. Solche Mitgift war unentbehrlich, wenn ein behindertes Kind in ein Kloster
abgeschoben wurde, von diesem also zeitlebens versorgt werden mußte.

Mittel zum Erwerb von Liegenschaften verschafften sich die Klöster auch mit
fürbittendem Gebet, Jahrtags feiern, Totengedächtnis, Begräbnis auf
Klostergrund28. Viele Güter wurden getauscht oder gekauft. Das Kloster bezahlte
mit Geld, Naturalien oder einem Leibgedinge. Gelegentlich haben politisch
bedrohte Familien Teile ihres Besitzes dem Zugriff eines Mächtigeren
durch die Übergabe an ein Kloster entzogen; so läßt sich der breitgestreute Besitz
des Klosters St. Gallen (auch im Breisgau) deuten.

Die Ausstattung mit materiellem Besitz diente der wirtschaftlichen Absicherung
der Gemeinschaft. Besitz war die Voraussetzung dafür, daß der Konvent
leben, caritative Aufgaben wahrnehmen, Arme speisen, Fremde beherbergen
konnte. Doch zeigte der Besitz auch bei den Benediktinern seinen Pferdefuß.
Da die Regel nur die persönliche Armut des einzelnen Mönches forderte,
konnte die Gemeinschaft wohlhabend sein; viele Klöster waren aufreizend
reich. Damit wurden sie in weltliche Händel verstrickt, verfochten ihre materiellen
Interessen genauso rücksichtslos wie andere Mächtige." Sie waren oft
nicht mehr als Gemeinschaften von Menschen in der Nachfolge Jesu zu erkennen
. Die Quellen wissen dann von persönlichem Besitz, Konkubinat, ausschweifendem
Leben, Auflösung der klösterlichen Disziplin zu berichten.

Die Geschichte des abendländischen Mönchtums folgt einem wellenförmigen
Auf und Ab. Sie zeigt, wie schwierig es für Gemeinschaften von Menschen ist,

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