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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
66. Jahresband.1986
Seite: 219
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über längere Zeit harten Anforderungen an das eigene Leben gerechtzuwer-
den. Sie zeigt weiter, wie schnell Menschen, die sich voll Ekel vom Getümmel
der Welt abgewandt hatten, wieder in die Welt hineingezogen wurden; nur wenige
von ihnen wurden sich der Tatsache bewußt, daß die proklamierten hehren
Ziele von einst nun der Bemäntelung krassesten Gruppenegoismus dienten
. Angewidert von diesem Zerrspiegel wahren mönchischen Lebens beschließen
junge Menschen, sich den Herausforderungen wahren christlichen
Mönchtums zu stellen. Einer der bekannten Reformer war der in der Initiale
neben Benedikt dargestellt Bernhard von Clairvaux. Unter Rückbesinnung
auf Evangelium und Benediktregel strebte er nach einem Gleichgewicht zwischen
Gottesdienst, geistlicher Lesung und Handarbeit. Angesichts des entsagungsvollen
Lebens der ersten Generationen von Zisterziensermönchen „konvertierten
" sogar Amtsträger und Adlige; freiwillig stellten sie sich als Viehhüter
und Handwerker in den Dienst klösterlicher Gemeinschaften.

Das neue zisterziensische Mönchtum übte eine solche Anziehungskraft auf die
Menschen aus, daß sich innerhalb von zweihundert Jahren der Raum von Portugal
bis Schweden, von Irland bis Ungarn mit einem Netz von insgesamt etwa
740 Zisterzienserklöstern überzog. Der Ausdruck „Netz" ist berechtigt, weil
Mutter- und Tochterklöster verbunden blieben und weil alle Klöster dem Generalkapitel
unterstanden, der Versammlung der Zisterzienseräbte, die jährlich
zu Citeaux in Burgund zusammenkamen. Hier konnte auch der Abt von
Tennenbach seine Erfahrungen in Überlegungen einbringen, wie mit aufsässigen
Laienbrüdern zu verfahren, wie Sumpfland urbar zu machen, der Ertrag
von Feldern, Weinbergen, Wiesen zu steigern sei. Solche Anregungen waren
um so notwendiger, als auch der Zisterzienserorden ständig in der Spannung
zwischen idealem Programm und der schwierigen Umsetzung in die Alltagswirklichkeit
stand.

Die Reformmönche hatten die Flucht aus der Welt, das asketische Leben in
der Einöde gesucht. Die für die damalige Zeit unerhörte Intensität, mit der sie
Landwirtschaft und Gewerbe betrieben, verstrickte sie in die Händel der Welt,
wie Auseinandersetzungen um Zehntabgaben auch in den Einträgen des Tennenbacher
Güterbuchs zu Herbolzheim zeigen. Schlimmer noch: Die Disziplin
ließ nach einigen Generationen in vielen Klöstern zu wünschen übrig. Es kam
zu einer weiteren Reform — und zu einer weiteren Spaltung, und das heißt
Schwächung — des Mönchtums; zu Anfang des 13. Jahrhunderts entstanden
die Bettelorden der Franziskaner und Dominikaner, die die Armut des einzelnen
Mönches und des Konvents forderten. Die Krise, in die die Zisterzienser
geraten waren, äußerte sich auch darin, daß sie keine Laienbrüder mehr fanden
, die bereit gewesen wären, unter Verzicht auf Ehe- und Familienleben hart
zu arbeiten, während es den Mönchen immer weniger gelang, die Kluft zwischen
Norm und Wirklichkeit ihres Lebens zu schließen. Verwalter von Klostergütern
eigneten sich den ihnen anvertrauten Besitz als Eigentum an; in
Herbolzheim hatte Abt Zenlin Mühe, sich gegen Verwalter durchzusetzen. Die

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