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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
66. Jahresband.1986
Seite: 245
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des ehemaligen Amtes Lichtenau hauste mit Familie und Knechten zu Mem-
prechtshofen „auf dem Wasen" am Maiwald; jener des Willstätter Amtes saß
zu Neumühl. Als Dienstbesoldung bezog er Jahrs von der Herrschaft zwei
Viertel Korn und von einer Hinrichtung sechs Reichstaler als festgesetzten
Richterlohn2. Damit verbunden war die Wasenmeisterei. Gefallenes und krankes
Vieh, Pferde und Hunde waren abzuholen und auf dem Wasen zu
„verdorben" (vergraben). Nach altem Herkommen gab der Wasenmeister, im
Volksmund Schinder geheißen, für ein lebendes Stück Großvieh oder Pferd,
das ihm zugeführt wurde, 5 ß; holte er es mit dem Karren aber selbst ab, lebend
oder tot, nur 2 ß. Für das Abholen von Kleintieren wie Kalb, Schwein
oder Fohlen unter zwei Jahren erhielt er allemal 1 ß zur Belohnung. Die Haut
blieb ihm frei. Von gefallenem Vieh der Herrschaft wurde die Haut gegen 5 ß
zurückerstattet. Eine rohe Kuhhaut bezahlte der Gerber mit 12 ß. Leider wurde
verendetes Weidevieh nicht rechtzeitig gemeldet (1673). Da sich Wölfe und
Füchse auf dem Wasen herumtrieben, war ihm das Schießen erlaubt. Nebenbei
verstand sich der Mann auf allerlei Kuren bei Tieren und Menschen. Weil
das Scharfrichter- und Wasenmeistergewerbe als verrufen galt, pflegten seine
Träger und ihre Familien keine Gemeinschaft mit den Dorfgenossen, sondern
blieben auch bei Taufen, Hochzeiten und Beerdigungen unter sich, waren daher
einander durch vielfache Bande des Blutes und der Freundschaft zugetan
und redeten von Gevattersleuten3.

Unsere Scharfrichter liebten die Veränderung

Im 17. Jahrhundert erscheinen die Burgkhardt, Spengler, Lohri, Ostertag,
Weß, Mekle, Rhein und Ittinger, welche in mehreren Generationen den umliegenden
Herrschaften beiderseits des Rheins als Nachrichter und Wasenmeister
dienten. Hans Georg Ostertag erwarb 1668 eine kleine Behausung im Dorfe
Memprechtshofen um 100 fl, da das herrschaftliche Haus auf dem Wasen
während des Krieges eingefallen war und zog von Bischofsheim wieder dahin.
Wegen Unfähigkeit in Exekutionssachen wurde er aber nicht gebraucht. Seine
Klage, daß man zum Verhör des gefangenen Sodomiters den Meister von Neumühl
nach Lichtenau befohlen habe und er doch bestellt wäre, alle Malefican-
ten im Amte zu richten, erklärte der Amtsschaffner: Jedermann hielte dafür,
daß er nicht so geschickt sei, einem Hund den Kopf abzuschlagen. Er wäre aus
dem Lande gejagt worden, weil er nicht im geringsten die Hunde „wann sie
angeloffen gewesen", hätte kurieren können (1673)4. Der Scharfrichter und
Wasenmeisterdienst zu Memprechtshofen gelangte 1714 als Erblehen um 500 fl
an Johann Melchior Großholtz von Straßburg5. Seine Sippe übte das Amt bis
zum Übergang an Baden 1802 aus und wohnt heute noch in einzelnen Gliedern
im Dorf.

Vererbt von Geschlecht zu Geschlecht, sorgfältig behütet und bewahrt, ist das
Richtschwert der Familie Großholtz erhalten geblieben. Es hat mit gerader,

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