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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
66. Jahresband.1986
Seite: 259
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Der drakonische Erlaß des Markgrafen Ludwig Georg Sintpert (1729)

Das Jahr 1727 bedeutete für die Markgräfin Augusta Sibylla einen bedeutsamen
Einschnitt in ihrem Leben: am 5. Juni übergab sie die Regierungsgeschäfte
dem fünfundzwanzigjährigen Ludwig Georg Simpert, dem „die Werke der
Frömmigkeit, der Erziehung" lagen45. Ob seine Erziehungsmethoden dem
„patriarchalisch-humanen Charakter" jener Blütezeit der fürstlichen Selbstherrlichkeit
, entsprachen, den Otto Stemmler auch noch der Regierungszeit
Ludwig Georgs zubilligt46, bleibt dahingestellt. Was er nach seinem Amtsantritt
in der Rastatter Residenz 1729 zur Erziehung der Jugend dekredierte,
schien ihm aufgrund damaliger Sitten notwendig geworden zu sein. So beschwerte
sich 1725 der Pfarrvikar von Friesenheim über das Verhalten des
Schultheißen und Wirtes Philipp Moser, der in seiner Wirtschaft das Spielen
mit Würfeln und Karten dergestalt gestattete, „daß die ledigen Burschen zu
Friesenheim fast alle Sonn- und Feiertage von ihren Eltern Geld zum Spielen
fordern, und wenn sie keins erhalten, dieselben entweder mit Entlaufen bedrohen
oder die benötigte Arbeit unterwegen lassen. Bei Gelegenheit dieses Spieles
und öfters darauf erfolgten Verluste sind die Kinder von ihren Eltern und
die Knecht von ihren Meistern entlaufen und haben zum Teil denselben die
Mobilien entwendet"47. Das war sicherlich in manch anderen Ortschaften
ähnlich. Die strengen Bestrafungen jener Zeit vermochten nicht bessernd einzuwirken
, vermerkt Josef Schäfer in seiner Beschreibung des „Volkstums aus
der Riedgemeinde Marlen" und stellt allgemein fest: „Die Dorfburschen von
damals waren ein händel- und rauflustiges Geschlecht"48. Auch in Auenheim
beklagte sich der Pfarrer, „daß die Jugend wider die Sabbatordnung bis nach
Mitternacht zu tanzen, johlen und schreien pflege49, doch vermögen solche
einzelne Beispiele noch keinen Aufschluß über das damalige Verhalten der Jugendlichen
allgemein zu geben.

Am 12. Februar 1729 entbot Ludwig Georg, von Gottes Gnaden Markgraf zu
Baden und Hochberg, Landgraf zu Sausenberg, Graf zu Sponheim und Eberstein
, Herr zu Rötteln, Badenweiler, Lahr, Mahlberg, der Landvogtei Ortenau
und Kehl etc. etc. allen hohen und niedrigen Obrigkeiten, den Amtsleuten,
Untertanen und Insassen seiner Markgrafschaft etc. seinen gnädigsten Gruß
und ließ diese wissen, daß er seit seinem Regierungsantritt öfters habe vernehmen
müssen, daß die Kinder gegen ihre Eltern nicht allein die diesen nach
göttlichem und natürlichem Recht gebührende Ehrerbietung vermissen ließen,
sondern diese gar noch übel schmähten und ihnen gegenüber fluchten. Das
Ärgste aber sei, daß sie die Eltern in freventlicher- und verdammenswerter
Weise gewalttätig angriffen und tätlich beleidigten. Da dieses Laster in seinem
Lande fast allgemein werden wolle, sei er nicht mehr länger gewillt Nachsicht
zu üben und so gebot er, daß ein jedes Kind gemäß den Geboten Gottes jederzeit
seinen Eltern in gebührendem Gehorsam, Liebe, Ehrerbietung und Dankbarkeit
gegenübertrete. Wer aber dieses Gebot mißachte, sich tätlich an seinen
Eltern vergreife, sie mißhandle, dem solle nach wirklicher Überführung des

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