Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
66. Jahresband.1986
Seite: 332
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der Wohlstand und der Sinn für das Schöne sind eingebettet in eine bewußt gelebte
und bezeugte Religiosität. Sie prägen entscheidend bis ins späte 18. Jahrhundert
hinein die Gestaltung des Stadtbildes. Das Bildnis von 1658 war nur
der Anfang einer Entwicklung, die rund einhundertfünfundzwanzig Jahre
später mit der Vollendung der Pfarrkirche im Jahre 1782 ihren Abschluß und
Höhepunkt erreichte. So ist das erste Kunstwerk nach der Zerstörung der
Stadt als Zeichen und Ausdruck eines von tiefer Gläubigkeit und Optimismus
getragenen Strebens nach einer neuen und besseren Zukunft zu deuten.

Obwohl die Ettenheimer Darstellung der Dreifaltigkeit mit der hl. Familie in
einer Zeit entstanden ist, die wir mit dem Stilbegriff barock belegen, steht sie
stilistisch spätgotischen Altarwerken aus der Zeit um und nach 1500 näher.
Der mit Krabben verzierte spätgotische Spitzbogen mag als ein Beleg hierfür
gelten. Einzelne Details sind möglicherweise sogar dem um 1530 entstandenen
Niederrotweiler Altar des Meisters H. L. entnommen. Dazu gehören die Haartracht
von Gottvater, sein vom Winde bewegter Bart und das faltenreiche über
die Schultern geschwungene Obergewand. Doch die Bewegtheit des Ausdrucks
und die Feinheit in der Gestaltung von Gottvater aus der Tafel des Engelsturzes
am Niederrotweiler Altar erreicht das Ettenheimer Kunstwerk
nicht. Aus der sonst spätgotichen Figurengruppe hebt sich stilistisch nur der
pausbäckige Jesusknabe als neues, barockes Bildelement ein wenig ab. Ohne
überhöhte Vergeistigung steht er da wie ein kräftiger Bauernjunge und scheint
voller Optimismus in eine künftig bessere Welt zu lächeln.

Wenn somit stilkundlich die Details in der Ausführung dieser Plastik spätgotisch
sind, so folgt sie inhaltlich doch weitgehend zeitgenössisch-barocken
Vorstellungen und ist in ihrer symbolischen Ausgestaltung eine einzigartige
und wohl auch selbständige Komposition.

Darstellungen wie diese mit der hl. Familie auf der Wallfahrt nach Jerusalem
sind im 17. Jahrhundert in der volkstümlichen Malerei sehr beliebt und gehören
zu dem Typ jenes Andachtsbildes, das mit dem Begriff „Heiliger
Wandel1" gekennzeichnet wird.

Eine weitere für das 17. und 18. Jahrhundert typische Figurenkonstellation ist
in der Skulptur von 1658 enthalten. Es handelt sich dabei um eine sogenannte
„trinitas terrestris2" — Darstellung, eine Darstellung der „irdischen Dreifaltigkeit
" also, bei der Gottsohn nicht wie bei der „himmlischen Dreifaltigkeit"
zusammen mit Gottvater und dem hl. Geist im Himmel abgebildet wird, sondern
zusammen mit Maria und Josef in der hl. Familie auf Erden.

Bemerkenswert an diesem Kunstwerk ist vor allem, daß die Dreifaltigkeit
nicht nur durch die drei göttlichen Personen figürlich, sondern auch
symbolisch3 dargestellt wird, indem der Künstler das gleichseitige Dreieck als

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