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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
66. Jahresband.1986
Seite: 353
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wegung, die wir uns machten, der Appetit, dieser beste aller Köche, unzweifelhaft
vorhanden war.

In der dicken Mehlsuppe, die unser Frühstück ausmachte, in den hochbelade-
nen Platten mit „Knepfeln"— einer obligaten Speise der Schwaben—, in dem
Salat, den wir je nach der Jahreszeit erhielten und in dem Ragout, das nicht
selten auf die Tafel kam, entdeckte man mitunter allerdings Dinge, die nicht
auf allzu große Sorgfalt und Reinlichkeit bei der Zubereitung schließen ließen
und einen hinlänglichen Begriff von dem etwas summarischen Verfahren gaben
, das in der Küche hinsichtlich der Studententafel gebräuchlich war. Allein
unser schwarzes Brot, das man uns in Fülle überließ, war tadellos, der Speck
nicht zu verachten, und der Schinken, mit dem wir zeitweise bewirtet wurden,
beinahe ein Leckerbissen. Die Erbsen, das ist nicht zu leugnen, waren älteren
Datums und deswegen nicht immer weich genug gekocht. . . Ferner ist zu bedenken
, daß uns am Sonntag ein Becher gesunden Weins und bei besonderen
Anlässen, namentlich an hohen Festtagen, ein doppeltes Maß desselben oder
ein „duplex" eingeschenkt wurde. Wir Kleinen schlugen dies nicht hoch an,
und ich persönlich hatte gegen das Weintrinken damals noch einen Widerwillen
; für die Großen war es eine Annehmlichkeit von Belang, und man konnte
ihnen zuweilen eine Weinportion vorteilhaft verhandeln.

Für die zwei Hauptmahlzeiten war an beiden Tafeln ein Wechsel der Plätze in
der Art angeordnet, daß am Schluß der Woche die obersten zwei Zöglinge die
untersten wurden. Ein solcher Turnus, der alles ausgleicht, wurde aus zweifachen
Gründen nötig, einmal weil der Diener, ich weiß noch heute nicht warum
, mit der großen Fleischplatte unabänderlich stets am oberen Ende begann,
wo die gezückten Gabeln der Hungrigen so parteiisch aufräumten, daß die
Platte, wenn sie nach durchlaufender Gasse am unteren Ende anlagte, nur
noch unscheinbare Stückchen aufzuweisen hatte. Und dann, weil die sonst
löbliche Sitte eingeführt war, daß die aufsichtführenden Herrn Patres von ihren
aus dem „Convent" bezogenen Speisen, deren Qualität jene der unsrigen
um vieles übertraf, bei jeder Mahlzeit etwas übrigließen, was den Studenten
links und rechts hinübergegeben und auf diesem Wege je den vier oben sitzenden
zur Beute wurde. Ein Ersatz für die Entbehrungen, die man unten und auf
dem langsamen Weg nach oben hatte erdulden müssen.

Wahr ist, daß in der Zwischenzeit von Mittag bis Abend nichts gereicht wurde
. Eine starke Zumutung für junge Magen; diesen Übelstand wußten wir
doch wesentlich zu mildern, denn Brot mitzunehmen wurde uns nicht gerade
verwehrt. . .

Die Stunden der Erholung waren uns nicht spärlich zugemessen. Außer den
alltäglichen Rekreationen von kürzerer Dauer hatten wir zweimal in der Woche
den ganzen Nachmittag für uns. Abends mit dem Schlag sechs Uhr längstens
mußten wir zu Hause sein; in geschlossene Ortschaften durften wir ohne

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