Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
66. Jahresband.1986
Seite: 391
(PDF, 109 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1986/0391
Die Aufwendungen zur Unterstützung unehelicher Kinder waren der Verwaltung
stets mißliebig (1834 waren es 426 fl.). War in einem Fall die Zahl unehelicher
Kinder besonders groß, suchte man die Unterstützungen einzuschränken
, um so den „liederlichen Lebenswandel" zu hemmen. Das Forstamt
Gernsbach war der Meinung, diese Unterstützungen würden schwer mißbraucht
und verleiteten nur zu Ausschweifungen und Müßiggang. Es kam vor,
daß Unterstützungen auch für Personen beantragt wurden, die gar nicht existierten
.

Von der grenzenlosen Not, die bisweilen in den Waldkolonien herrschte, erhalten
wir eine Vorstellung, wenn wir hören, daß im Winter 1832 die wenigsten
Familien noch „Grundbirnen", ihre Hauptnahrung, besaßen, und daß
sie aus Mangel an Verdienst und Geld auch nichts kaufen konnten. Es fehle an
Kleidung, besonders an Schuhen und Strümpfen für die schulpflichtige Jugend
, von der deswegen viele Schule und Kirche nicht besuchen konnten. Damals
erhielten die 27 ärmsten Familien je 10 fl Unterstützung. Nicht einmal als
„Proletarier" wollte man diese Leute 1847 bezeichnen. In den Jahren 1845-
1855 gab es eine Folge schlimmster landwirtschaftlicher Mißernten; diese Zeit
bildete den Höhepunkt in der Verelendung der Waldkolonien. Es herrschte
Hungersnot. Wohl stellte die Forstverwaltung den Kolonisten jetzt Kartoffeln
, Mehl, Roggen und Weizen zur Verfügung, aber im ganzen konnte sie die
Not nur wenig lindern. „Viele Familien besitzen schon wochenlang — berichtete
1851 die Bezirksforstei Herrenwies — kein Krümchen Brot, viele ernähren
sich nur von schlechten Rüben und Kraut, mehreren fehlt auch dies. Jetzt —
im Februar — sitzen die Familien eingeschneit in ihren ärmlichen Wohnungen
ohne Nahrungsmittel. Gestern erschienen hier 15 Familien aus Hundsbach
und erklärten, sie seien nunmehr außerstande, ihre Familien auch nur einen
Tag zu ernähren. Die Not sei aufs äußerste gestiegen und der Hungertod unausbleiblich
, wenn nicht augenblicklich geholfen werde. Zehn der ärmsten
Kolonisten erhielten daraufhin je 1 fl 20 kr."

Unter solchen Umständen ist es interessant zu erfahren, daß die Revolution
von 1849 die Kolonien nur wenig berührt hat. „Die Kolonisten haben sich im
allgemeinen ruhig verhalten. Zwar haben einige Taugenichtse hier und da von
Freiheit und Gleichheit gehudelt und Drohungen ausgestoßen, doch hatte dies
keine besonderen Folgen." Die beiden Stabhalter von Hundsbach und Herrenwies
waren zwar anfangs sehr für die Revolution eingenommen, „bekehrten
sich aber bald.

Die Auswanderung nach Amerika

Inzwischen war die Not in den Waldkolonien aufs äußerste gestiegen. Übervölkerung
, Arbeitslosigkeit und unglückliche soziale Verhältnisse hatten eine
Lage geschaffen, aus der es nur einen einzigen Ausweg gab: Auswanderung.
Die Anregung dazu ging von den Kolonisten aus. Sie erkannten, daß alle Un-

391


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1986/0391