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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
66. Jahresband.1986
Seite: 444
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die Versammlung wieder auseinandergeht. Doch Peter weigerte sich. Ja, in
höchster Erregung rief er der Versammlung zu: „Ihr könnt mich aufhängen
am Altan des Stadthauses, aber zwingen könnt ihr mich nicht." Auf seine
Frage, wer will mich zwingen, antwortete ihm Huetlin: „Ihre Humanität, Ihre
Vaterlandsliebe, Ihre Fürsorge für die öffentliche Ordnung müssen Sie zur
Annahme zwingen!" Dieser Apell, besonders die Verantwortung für die
öffentliche Ordnung scheint nicht ohne Wirkung auf ihn gewesen zu sein,
denn er verlangte darauf eine kurze Frist, um sich mit den Mitgliedern der
Kreisregierung zu beraten. In einer geschlossenen Sitzung stellte er den Herren
vor, daß der öffentliche Dienst unter allen Umständen weitergehen müsse,
und bat sie, ihre Amtstätigkeit weiterzuführen, wenn er das Amt des Statthalters
übernehme. Doch das lehnten sie in aller Entschiedenheit ab, da solch eine
Tätigkeit nicht mit ihrem Amtseid vereinbar sei. Ja, einer der Anwesenden
schlug vor, die Kreisregierung nach Überlingen zu verlegen, bis die öffentliche
Ordnung wiederhergestellt sei. Nach einer andern Version sollen sie dem Regierungsdirektor
wiederholt empfohlen haben, die ihm „angesonnene" Stellung
anzunehmen. Doch immer noch nicht war er bereit. Als letzte Ausflucht
gleichsam bat er, ihm eine Frist zu gewähren, damit er sich mit seiner Familie
beraten könne. Doch das wurde ihm nicht genehmigt. Mürbe gemacht durch
die Reden und den Tumult der versammelten Landleute, ermuntert durch führende
Persönlichkeiten wie den Bürgermeister Huetlin, aber auch durch Amtskollegen
trat er, nachdem all seine Erklärungen, er weigere sich, fruchtlos waren
, hinaus auf den Balkon des Stadthauses und erklärte der auf dem Platz
versammelten Menge: „Überwältigt durch physische und moralische Gründe
will ich annehmen, was ihr von mir fordert." Daraufbrach ein ungeheurer Jubel
unter dem versammelten Volke aus, und geleitet vom Volk kehrte er in das
Regierungsgebäude zurück.

Sogleich war die öffentliche Ruhe und Ordnung wiederhergestellt, und die
Landleute begaben sich wieder in ihre Heimatgemeinden zurück. Peters Bereitschaft
aber hatte für ihn schwerwiegende Folgen.

In Karlsruhe deutete man die Konstanzer Vorgänge so: alles sei vorbereitet
und verabredet gewesen, daß Drohungen und Zwang nur zum Schein in Aussicht
gestellt wurden und daß im Hinblick auf die Statthalterstelle kein direkter
Zwang zu befürchten gewesen sei45. In seinem Brief an seine Frau vom 21.
4. aus Kreuzlingen schrieb Peter: „Ich habe die Stelle eines revolutionären
Statthalters angenommen, weil ich dazu in aller Wahrheit gezwungen war. Ich
bin ganz unschuldig, obgleich ich bei denen welche über den Verlauf der Sache
noch keine nähere Aufklärung haben, als keineswegs scheine46." Vermutlich
sah er als der Volksmann in den Reden und Aufforderungen der versammelten
Landleute eine Äußerung des Volkswillen, dem er folgen müsse. Vielleicht
hat Veit Valentin recht, der seine Entscheidung als „freiwillig-unfreiwillig"47
bezeichnet.

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