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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
66. Jahresband.1986
Seite: 458
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Das gesellschaftliche Leben auf dem Dorf spielte sich in den Vereinen ab. Vereine
waren überwiegend eine Männerangelegenheit. Sie dienten zur gesellschaftlichen
Einflußnahme, der Geselligkeit und dem Vergnügen. Wer es im
Dorf zu etwas bringen wollte, mußte sich Verdienste im Engagement innerhalb
eines Vereins erwerben. Oftmals waren männliche Dorfbewohner gleichzeitig
in mehreren Vereinen aktiv, in Rammersweier vor allem im Turn-, Gesangs
- und Musikverein7.

Der einzige Verein für männliche Jugendliche stellte der Katholische Jungmännerverein
dar. Im Volksmund hieß er Burschenverein. Manchmal spielte
man ein Theaterstück, um ein wenig Geld zu verdienen. Mädchen und junge
Frauen hatten es meist noch schwieriger. Für sie gab es nur eine Möglichkeit
zum außerfamiliären Freizeitkontakt, die Jungfrauenkongregation der Pfarrgemeinde
. Dort sollten die Mädchen in „sittlicher und vaterländischer Erziehung
auf ihre zukünftige Rolle als katholische Mutter und Ehefrau" vorbereitet
werden8.

Das geschlossene Sozialsystem der Dörfer, das für einen Städter und Nichtortsansässigen
nur schwer rekonstruierbar war und ist, ermöglichte es den Bewohnern
, im dörflichen Milieu auch dann noch eine Identität zu finden, wenn
sie die Landarbeit nur noch im Nebenverdienst betrieben. Bei allen befragten
Zeitzeugen stand die Sorge um ihren landwirtschaftlichen Betrieb immer im
Mittelpunkt. Denn er bot nicht nur eine gewisse Gewähr für soziales Prestige
im Dorf, sondern auch eine begrenzte soziale Absicherung und ein — wenn
gleich dürftiges — Refugium im Falle der Arbeitslosigkeit.

Angesichts der beschriebenen Probleme kann man davon ausgehen, daß es bereits
vor dem Beginn der Weltwirtschaftskrise 1929 auf dem Land ausgesprochene
Strukturprobleme gab, die sich in der Armut vieler Dorfbewohner niederschlug
.

Die Krise auf dem Land beginnt früher: Die Agrarkrise

Die Gründe für die 1928 im Deutschen Reich einschlagende Agrarkrise sollen
hier nicht weiter verfolgt werden, nur deren Folgen.

Den Bauern machten zwei Entwicklungen Kummer und Sorgen: die seit 1926
stärker werdende Preisschere u.a. zwischen den industriellen Gütern und ihren
Agrarerzeugnissen und die hohe Verschuldung ihrer Betriebe. Beide Entwicklungen
zusammen mußten schließlich in einer Katastrophe enden: durch den
drastischen Preisverfall für landwirtschaftliche Güter schwand das bäuerliche
Einkommen, und damit fehlte das nötige Geld für die Zahlung der Zinsen.
Die Folge war ein rascher Anstieg der Zwangsversteigerungen9. Die Versteigerungswelle
erreichte in Baden 1932 ihren Höhepunkt und betraf vorwiegend

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