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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
66. Jahresband.1986
Seite: 464
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1925 und 1926 stellte die Reichsregierung zur Linderung der Notlage der Winzer
Darlehen in Höhe von 30 Millionen Reichsmark und 12 Millionen Reichsmark
zur Verfügung. Die Beträge zahlte die Badische Landeshauptkasse den
Gemeinden der Rebflächengröße entsprechend aus, wobei Rammersweier
24280 Reichsmark bzw. 19600 Reichsmark erhielt16. Die Kredite sollten Winzern
mit einer Rebfläche bis zu 0,75 ha zugute kommen; das waren im Ort 92
bzw. 117 Winzer. Aber die ursprünglich kurzfristig gedachten Darlehen konnten
von den Weinbauern nach 1928 nicht mehr fristgerecht zurückgezahlt werden
. Wegen der schlechten Weinernte im Jahr 1928 und der anhaltenden Not
der darauffolgenden Jahre wurden die Rückzahlungsfristen bis weit in die
30er Jahre hinein verschoben. Die Weltwirtschaftskrise schlug sich ferner in
immer stärker wachsenden Steuerrückständen der Dorfbewohner gegenüber
ihrer Gemeinde nieder.

Im Herbst 1928 sah sich der Rammersweirer Gemeinderat aufgrund einer Anordnung
des Badischen Bezirksamtes Offenburg gezwungen, seine Schuldner
vorzuladen'7. Doch die Steuerschuld wuchs immer weiter an. Betrug der
Rückstandbetrag im Jahr 1928 noch 3 400 Reichsmark, waren es drei Jahre
später bereits über 25 000 Reichsmark. 1929 mußte die Gemeinde mit Strafmaßnahmen
drohen, Stromsperren, Entzug des Bürgerholzes und Klagen waren
die Folge.

Das Dorf ist überfordert

Da auf das Dorf sämtliche Krisenphänomene zurückwirkten, konnten Gegenmaßnahmen
, sofern sie dörflicher, traditioneller Natur waren, nur sehr wenig
helfen. Als im Deutschen Reich die ersten Arbeitsbeschaffungsprogramme
1930 anliefen, spürten die Landgemeinden, daß die Städte bei der Vergabe bevorzugt
behandelt wurden. Denn der Abbau der in den Städten deutlicher
sichtbaren und politisch gefährlicheren Massenarbeitslosigkeit ließ die finanziell
schlechter gestellten Gemeinden abseits stehen. Dies erregte sichtbaren
Unmut bei den kleineren Gemeinden. Auch der Bürgermeister von Rammersweier
legte im August 1930 zusammen mit anderen Ortschaften einen Protest
beim Badischen Gemeindeverband ein. Der Grund: Die Karlsruher Zeitung
hatte in einer Meldung berichtet, daß bei einem vom Reich finanzierten Wohnungsbauprogramm
in Konstanz nur dort ansässige Arbeitslose eingestellt
wurden18. Solche staatlichen Maßnahmen hätten zu diesem Zeitpunkt mit Sicherheit
zu einer Entlastung der angespannten dörflichen Situation geführt.

Die traditionelle Dorffürsorge oblag der Kirche und den Vereinen. Bis auf wenige
Hinweise gibt es in den zuständigen Pfarrgemeindeakten Weingartens
keine Angaben. Da Rammersweier zu dieser Zeit keine eigene Pfarrgemeinde
war und mit den Orten Fessenbach und Zell-Weierbach zur Pfarrgemeinde
Weingarten zählte, existierte im Dorf nur ein Schwesternhaus mit Kapelle.
Drei Ordensschwestern waren für ambulante Krankenpflege und eine Schwe-

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