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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
66. Jahresband.1986
Seite: 482
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Wirkung der Persönlichkeit des Behandlers auf den Leidenden, die durch naturwissenschaftliche
Formeln nicht zu erklären ist. Viel mehr als heute hat das
früher bei der Krankenbehandlung eine Rolle gespielt. Genau das war auch
die Stärke der Heilkundigen in einer Zeit, als die große Masse der Bevölkerung
überhaupt noch nicht ärztlich betreut wurde und auf die Hilfe von „Badern"
und „Brücher" angewiesen war.

„Mag die wissenschaftliche Medizin noch in unserem Jahrhundert die Suggestion
der Volksmedizin abgelehnt haben; die Stillung von Blutungen und das
— erfolgssichere — Besprechen von Warzen sind unleugbare Tatsachen1."
Die Erwähnung der Blutstillung erinnert mich an einen Patienten, den ich in
der Urlaubszeit vertretungsweise zu betreuen hatte. Er war Oberlehrer in einer
Nachbargemeinde und bekam plötzlich nachts gegen 2 Uhr unstillbares Nasenbluten
. Nach anfänglichem Sträuben, den Vertreter seines Hausarztes zu
bemühen, willigte er schließlich notgedrungen ein, daß seine Frau mir telefonierte
. Als ich ihn an seinem Bett begrüßte, meinte er: „Das ist doch komisch,
in dem Augenblick, als ich Ihre Autotüre draußen zuschlagen hörte, hat es
nicht mehr geblutet." Ich setzte mich etwa eine halbe Stunde an sein Bett, ohne
eingreifen zu müssen. Der Patient war sehr unterhaltsam und gesprächig.
Sicherheitshalber legte ich vor meinem Weggehen eine Nasentamponade, die
der Kranke am folgenden Tag selbst entfernte. In den folgenden zwei Nächten
um dieselbe Zeit genau das Gleiche; ich wartete jedesmal mindestens eine
Stunde und entfernte mich dann, ohne zu tamponieren.

Ein Jahr später trafen wir uns zufällig auf dem Campingplatz in Jesolo. Er
amüsierte sich über seine damalige „Selbsthypnose." Ich mußte an den Blutstiller
zur Pharaonenzeit in dem Roman von Waltari, „Sinuhe der Ägypter"
denken2.

Ein praktischer Arzt in Altenheim, bei dem ich von 1932 an in der Praxis als
Schreibhilfe tätig war, hat Suggestion und Hypnose bei seiner Krankenbehandlung
verwendet. Im Jahre 1919 hat der damalige Chefarzt der Chirurgie
im Krankenhaus Offenburg, Dr. Hoffmann, bei dem der Kollege in jener Zeit
als Assistenzarzt arbeitete, mit dessen Hilfe eine Blinddarmoperation in Hypnose
anstatt in Narkose ausgeführt.

Das Land zwischen Schutter und Rhein

Jeder, der sich mit Krankheiten und ihrer Behandlung im Ried näher befaßt,
ist überrascht, wie viele alte, ja uralte Behandlungsmethoden sich fast unverändert
bis in die heutige Zeit bei der Bevölkerung erhalten haben und noch
heute geübt werden. Das gilt nicht nur für jene Maßnahmen, die der heutigen
wissenschaftlichen Prüfung standhalten, wie z.B. Aderlaß, Schröpfen, Purgieren
, hydrotherapeutische Methoden, Behandlung mit Heilpflanzen
u.s.w.— Bis in die jüngste Zeit hinein sind Zauberformeln, Besprechen, magi-

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