Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
66. Jahresband.1986
Seite: 487
(PDF, 109 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1986/0487
chen. Die Chirurgen verabreichten auch Tee, Pulver und Mixturen. Nur wer
die Lehre ganz durchgemacht und die Prüfungen bestanden hatte, durfte „das
Becken aushängen." Ein Kennzeichen der Chirurgen und Wundarzneidiener
früherer Zeiten war jene runde Messingscheibe, welche die Friseure bis zum
letzten Krieg an ihrem Firmenschild hängen hatten; sie kennzeichnete das
„Aderlaßbecken" der alten Bader und erinnert daran, daß früher zum Beruf
des Friseurs auch der des Chirurgen gehörte. Ärzte und Apotheker wachten
streng darüber, daß die Chirurgen ihre Befugnisse nicht überschritten. Andererseits
hatten diese unter der Konkurrenz von Kräuter- und Zauberweibern
und Scharfrichtern zu leiden. (Kräuter, die unterm Galgen wuchsen, galten
für besonders wirksam, und es gab sehr viele Galgen in der guten, alten Zeit.)

In den Kirchenbüchern steht vor dem Namen eines Chirurgen „H" (Herr).
Diese Auszeichnung stand sonst nur noch dem H. Pfarrer und (nicht immer)
dem Schultheißen zu. Doch machte das nicht satt. Die schweren Krankheitsfälle
im Altenheimer Chirurgenhaus lassen auf Mangel schließen. Sie kennzeichnen
gleichzeitig die Tragik im Leben der Chirurgenfrau. Zwei Gatten, einer
ledigen Tochter und drei erwachsenen Söhnen mußte die schwergeprüfte
Frau ins Grab sehen. Bei den „armen Kindern", welchen 1810 der Almosenfonds
das Schulgeld für den Schullehrer Leuthäuser bezahlte, ist auch verzeichnet
„Georg Karl, des Schlossers Georg Karl Fischers hinterlassenes
Söhnlein. Auch das hat die Großmutter noch erlebt. Das war um die gleiche
Zeit, wo die Tochter ihrer Cousine, Freifrau von Lotzbeck in Lahr, mit ihrem
Brillantschmuck prahlte. Ob die wohl manchmal an ihre armen Verwandten
dachte? — Jahrzehnte mußten vergehen, bis die Nachkommen wieder zu
Wohlstand und zu steigendem Ansehen kamen.

Der älteste Sohn, ebenfalls Johann Friedrich Zimmermann (1779—1841) folgte seinem
Vater als Chirurg, Hebarzt (Geburtshelfer) und Gerichtsschreiber in Altenheim.

Wundarzneidiener

Bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts war hier noch der Wundarzneidiener Christian
Schaffhauser tätig. 1851 zog er mit seiner Familie nach Freiburg.

Seit dem Jahre 1851 lag das Amt des Wundarzneidieners und Leichenschauers über vier
Generationen in den Händen der Familie Leibiger. Der erste hier tätige Karl Leibiger I.
wurde 1829 in Alpirsbach geboren. Er war gelernter Wundarzneidiener (Chirurg), Barbier
und von 1851 bis 1912 Leichenschauer in Altenheim. An der Revolution von
1848/49 aktiv beteiligt, geriet er in Rastatt in Gefangenschaft, wurde jedoch dank seiner
hilfreichen Tätigkeit an Verwundeten und Kranken frei und ließ sich 1851 in Altenheim
nieder.

Sein Sohn, Karl Leibiger II (1854—1927) in Altenheim, erlernte ebenfalls das Friseurhandwerk
und arbeitete längere Zeit in Berlin. In der ehemaligen Rheinstraße 17 kaufte
er sich ein kleines Haus, wo er eine Rasierstube einrichtete, Wunden versorgte, schröpf-

487


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1986/0487