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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
66. Jahresband.1986
Seite: 488
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te, Zähne zog und eine kleine Landwirtschaft betrieb. Als sein Vater starb, übernahm
er auch den Leichenschauerdienst.

Karl Friedrich Leibiger III (1884—1937), der Sohn des Obengenannten, erlernte das
Friseurhandwerk in Karlsruhe. Nach seiner Lehre half er seinem Vater im Geschäft und
in der Landwirtschaft. Er war Leichenschauer bis zu seinem Tode 1937.

In der nachfolgenden Generation übernahm von den beiden Söhnen Karl Leibiger IV
(1907—1979) das Friseurhandwerk seiner Vorfahren, der Bruder Wilhelm Leibiger
(1908—1980) wurde Blechnermeister und Leichenschauer.

Als letztes noch erhaltenes Hilfsmittel seiner Vorfahren, das diese zur Entfernung
von Fremdkörpern aus dem Auge verwendeten, erhielt ich von Karl Leibiger
IV ein kleines Körperchen, einer (durchgeschnittenen) halben Erbse ähnlich
. Er nannte es ,,Fuchsauge." Es wurde in das Unterlid eingelegt und das
Auge etwa 10 Minuten lang verbunden. Nach Entfernen des Verbandes und
Herausnahme des „Fuchsauges" hing — wie Leibiger mir versicherte — der
Fremdkörper daran. So einfach war das.

So reichte der einst weit verbreitete Beruf des Wundarzneidieners, verbunden
mit dem Beruf des Baders und Friseurs durch Generationen der Familie Leibiger
in unserm Dorf bis herein in unsere Gegenwart.

,, Brücher " und,, Brücherinnen''

Von den Frauen und Männern, die sich in unserem Dorf auf dem Gebiet der
Heilkunde betätigten, konnte nur ein Teil erfaßt werden. Durch Erfahrung
und Überlieferung, dank einer geschickten Hand, ausnahmsweise auch bei der
Versorgung von kleineren Verletzungen und als kraftvolle gegenüber der Umgebung
hervortretende Persönlichkeiten, die in ihrem eigenen Familienkreis
wirkten, sind einige über den dörflichen Bereich hinaus bekannt geworden.
Den einen oder anderen hat man lediglich in der Nachbarschaft, bei Bekannten
und Verwandten zu Rate gezogen, ohne daß man heute noch über diesen
kleinen Wirkungskreis Kenntnis hat. Diese Letzteren sind heute vergessen
oder nur noch wenigen in Erinnerung.

In Zeiten, als die Bevölkerung, vor allem auf dem Lande, noch nicht ärztlich
versorgt wurde, waren solche Menschen die einzigen, die in Krankheitsnot
und Todesangst der Leidenden in den ärmlichen Krankenzimmern früherer
Zeiten Hilfe bringen, Schmerzen lindern und Hoffnung geben konnten. Der
Glaube dieser Kranken an ihre Helfer hatte Dimensionen, die wir moderne
Menschen einer aufgeklärten Zeit überhaupt nicht mehr nachempfinden können
. Für uns ist die Krankheit weitgehend zum unvermeidlichen Übel geworden
, das, wenn irgend möglich, ohne Unterbrechung der Tagesarbeit hinter
sich gebracht werden muß. Unsere Generation, der die Segnungen moderner
medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse selbstverständlich sind, hat die
Furcht vor der Krankheit weitgehend verloren. Jene, bis in die Tiefe der Seele

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