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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
66. Jahresband.1986
Seite: 535
(PDF, 109 MB)
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Diese Idee halte ich für gut und richtig. Mein Glückwunsch hierzu gilt dem Historischen
Verein Zell, der Stadt und dem Künstler.

Interessant ist es, daß über diesen Brunnen schon viel geredet und geschrieben
wurde, bevor er hier stand. Meine Aussagen dazu möchte ich in drei Sichtweisen
kleiden:

1. Die Sicht des Touristen und des unbeeinflußten Normalbetrachters.

Dieser erkennt auf dem Brunnen eine Kleinstadt-Idylle mit Stadttor,
Nachtwächter und Leierkasten-Mann. Er möchte dann noch einen Bürgermeister
und einen Lehrer mit seinen Büchern erkennen. Damit aber gewinnt
er einen liebenswerten Eindruck und kombiniert diesen mit dem
Städtchen Zell und seinen Bemühungen um den Touristen. Angenehm berührt
, geht er seine Wege weiter.

2. Die Sicht des Aufmerksamen.

Diese ist genauer und erkennt das stürzende Dach des „Raben" und den
oberen Teil des Stadttores, der leicht nach vorne kippt. Dann bemerkt er
die linke Figur, die so aussieht, als wolle sie alles machen und zuwegebringen
. Forsch geht sie nach vorne, bindet sich aber zugleich die Hände am
Rücken. Der Nachtwächter macht einen kantigen Eindruck; er scheint die
anderen zu führen, behütet sie aber nur. Schließlich kümmert sich die rechte
Gestalt um Bücher und Schriften, selbstvergessen in diese vertieft, daß
sie gar nicht wahrnimmt, wohin sie geht, worum es geht.

Der Brunnen erweist sich also nicht als Idylle, nicht als ein positives und romantisches
Denkmal.

Es ist vielmehr ein Denkanstoß im Mantel einer Moritat, die der Leierkasten
-Mann verkündet: Leute von Zell a.H., kümmert Euch um das gewachsene
Aussehen Eurer Stadt, vernichtet nicht alle historische Bausubstanz
; denkt an stadtbildprägende Bauten, die nicht mehr stehen: das Untere
Tor und der „Raben". Versucht dieses Anliegen frei und ohne Sach-
und Personenzwänge zu vertreten, nicht im Stile der forsch nach vorne Bre-
schenden, die sich dadurch die Hände binden, nicht im Stile des bohrenden
, hartnäckigen Forschers, der schließlich abseits und fern der Wirklichkeit
steht.

3. Die Sicht der Moralisten.

Sieht man den Brunnen mit den Augen des Aufmerksamen, so wundert
man sich, daß es noch eine dritte Betrachtergruppe gibt, die sich seit einer
Woche lauthals an die Öffentlichkeit drängt: Sie spricht von Moral und
Allgemeinwohl, wenn sie Figuren dieses Brunnens mit lebenden Menschen
identifiziert und diesen sowie dem Bildhauer vorwirft, sie würden sich zu
Lebzeiten verewigen und verherrlichen. Diese Betrachter sehen und verste-

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