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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
68. Jahresband.1988
Seite: 57
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nerlei kirchliche Funktionen ausüben. Geldstrafen bis zu 300 Mark sowie Gefängnisstrafen
von 3 bis 6 Monaten sollten Übertretungen und ihre Wiederholung
sühnen. Das Gesetzesvorhaben zog sich bis Januar 1874 hin.

Der Landtagsabgeordnete Hansjakob hatte bereits durch mehrere engagierte
Reden in der II. Kammer des badischen Landtages Aufsehen erregt, als er am
11. März 1872 im Landtag im Namen seiner Fraktion gegen den Gesetzesentwurf
der Regierung wetterte, der den katholischen Orden die öffentliche Lehr-
und Missionstätigkeit verbieten wollte. Nicht die Kirche sei staatsgefährdend,
rief er den liberalen Abgeordneten in der Landtagsdebatte damals zu, sondern
der Staat sei kirchenfeindlich. Durch den Gesetzesentwurf bestätigte sich bedauerlicherweise
wieder, daß der Liberalismus nach dem Grundsatz handle:
„Freiheit für alle, nur nicht für die katholische Kirche!"23

Die Fraktion der Katholischen Volkspartei bestand damals aus zwölf Abgeordneten
. Sie unterstanden dem Fraktionsvorsitzenden, dem Dekan Dr. Franz Xaver
Lender aus Sasbach24. Nachsicht und Strenge, je nach Bedarf und Lage,
kennzeichneten diesen als Pädagogen und Politiker gleich bedeutenden Mann.
In seiner Jugend war der gebürtige Konstanzer von ähnlichem Revoluzzergeist
beseelt wie Hansjakob, nur hatte bei ihm die Läuterung zum klaren Verstandesmenschen
wesentlich früher eingesetzt.

Hansjakobs erklärte Lieblinge waren stets Menschen, die an der Unbeugsamkeit
ihres Charakters und den daraus entspringenden Fehlern zugrunde gingen,
wie der von ihm so prachtvoll beschriebene Gabriel Breig, der letzte Reichsvogt
aus dem Harmersbachtal25. So wie er schrieb, so wollte Hansjakob Politik
machen. Seine politische Taktik unterschied sich in nichts von der des
Schriftstellers, dessen wesentliche Aufgabe er für sich einmal so beschrieben
hatte: ,,Ich bin gewohnt zu kritisieren . . . Ich habe außer vielen Fehlern, diesen
Fehler, nie zu bereuen . . . Ich bin von Hasle, wo die Leute reden, wie
sie denken"26.

Aber in der II. Kammer des badischen Landtages saß nicht seine brave Leserschaft
, sie war nicht die Sonntagsversammlung seiner ländlichen Kirchgänger
in Hagnau am Bodensee. In seinem jugendlichen Feuereifer hielt Hansjakob
jedes Nachgeben für „unmännliche Herrenwedelei". Und „Buttermänner",
„Kriecher", „Katzbuckler", „Schweifwedler" und „Manteldreher" waren
ihm sowieso zuwider27.

Sicherlich bedurfte die im Kulturkampf bedrängte katholische Kirche berufene
Männer, die entschieden für sie fochten, mehr aber noch brauchte sie Politiker
mit diplomatischem Geschick — und das hatte noch nie ein Hansjakob besessen
. Vom Charakter her ein Unbequemer und nicht sehr leidend an diesem
stolzen Erbe seiner Vorfahren, beneidete, ja, haßte Hansjakob zuzeiten die
Wendigen und Geschickten unter seinen Amtsbrüdern und politischen Freunden
. Allen voran: Dr. Franz Xaver Lender. Ihm, dem geborenen Pädagogen,

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