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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
68. Jahresband.1988
Seite: 59
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den Hieb gegen die Liberalen: „Ihr Vorgehen gegen die katholische Kirche
beweist, wie wenig Sie den Namen Liberale, d. h. freisinnige Männer verdienen
!" — folgte der Stich gegen die Gesamtheit der politischen Gegner, die
zum größten Teil Juristen waren: „Ich möchte in dieser rechtlosen Zeit kein
Jurist sein!"30

Was Hansjakob in seinen Büchern „Schlenzer" nennt, „Seitenhiebe", teilte
er auch hier nach allen Seiten aus. Er zerfetzte die modische Auffassung vom
Staat als der einzig zu respektierenden Obrigkeit im Lande. Bedrückung und
Verfolgung der Kirche, üble Pfaffenhetze nannte Hansjakob die Motive, die
zum vorliegenden Entwurf des Examensgesetzes führten. „An dieser Radikalkur
gegen die Kirche aber wird nicht der Patient, sondern der Doktor, d. h.
der Staat zugrunde gehen!" Und Hansjakob zitierte Bismarcks Wort, wonach
„das Narrenschiff der Zeit einmal am Felsen der christlichen Kirche zerschellen
" werde31.

Nicht wie von den Liberalen vorgegeben, einen nationalbewußten Klerus zu
schaffen, sei das Ziel des Gesetzesentwurfes, sondern das Vaterland zum
Zuchthaus für die katholischen Priester zu machen. „Nicht wir sind die
Reichsfeinde, sondern Sie!"32 rief er den Nationalliberalen zu. Lautstarker
Widerspruch steht an dieser Stelle des Sitzungsprotokolls vom 20. Januar
1874. Jolly direkt angehend, stürmte Hansjakob zum Schluß los: „Dieses Gesetz
ist eine Gewaltmaßregel gegen uns, mit dem Sie, Herr Minister, unser
Haus anzünden wollen!"33

Noch tagelang zog sich die Examensdebatte fort. In ihrem weiteren Verlauf
von dem liberalen Abgeordneten Roder, einem Viehhändler aus Meßkirch,
kritisiert und zur Antwort herausgefordert34, ging Hansjakob los wie ein
Kampfstier. Vorbei seine bisherige Zurückhaltung, vorbei sein Respekt vor
dem Hohen Haus und dem Ernst der Sache. Er nahm den Viehhändler auf die
Hörner, daß die Fetzen flogen. Er nannte ihn einen schamlosen Landesverräter35
. Doch bei aller draufgängerischen Wut verrauchte sein unbändiger
Zorn, wie er gekommen war. Mit keinem Wort erwähnte er den Disput mit
dem ungleichen Gegner später in seinem Erinnerungsbuch „In der Residenz".
Davon weiß jedoch eine andere Quelle zu berichten: die satirische Zeitschrift
„Kladdaradatsch", die in Berlin erschien. Sie bezeigte in ihrer Ausgabe vom
8. Februar 1874 ihre kulturkämpferische Sympathie dem liberalen Abgeordneten
Roder gegenüber und ließ dann ihren den „Deutschen Michel" symbolisierenden
Vater Tölke die versöhnliche Schlußfolgerung ziehen:36

„Das fromme Pfäfflein Hansjakob,
Auch klerikaler Volksvertreter
Nennt in der Kammer etwas grob
Herrn Roder einen Landesverräter.
Da ruft Herr Roder als Replik:

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