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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
68. Jahresband.1988
Seite: 64
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re zuvor blieb er fest in der Charakterisierung des Examensgesetzes. Er nannte
es erneut „ein Kriegsmittel, etwas Unbilliges, ein Unrecht"48.

Nun aber einsichtig geworden durch die Erkenntnisse in Frankreich und Italien
, wo sich ihm eindringlich offenbart hatte, daß es im Tauziehen zwischen
Kirche und Staat nur einen Notleidenden geben konnte, nämlich die Seelsorge
am Volke, lenkte er ein. „Im Interesse des Klerus, der jahrelang standhaft gekämpft
hat und nun auf dem Aussterbeetat steht, im Interesse des katholischen
Volkes, das in der Seelsorge leidet, im Interesse der Fortexistenz der katholischen
Kirche in unserem Lande, müssen wir diesem Gesetz gegenüber nachgeben
und eher Unrecht erleiden, als der größten und heiligsten Interessen
verlustig gehen!"49

Heitere Genugtuung zeichnete sich nach diesen Worten auf den Gesichtern der
liberalen Abgeordneten ab, während sich, was Hansjakob keineswegs entging,
die Mienen der eigenen Fraktionskollegen drohend verdüsterten. Ungerührt
davon und unter allgemeinem Beifall von seiten der Liberalen, richtete er an
seine Kollegen von der Katholischen Volkspartei das Schlußwort: „Nicht diejenigen
sind die wahren Freunde der Kirche, die zum fortgesetzten Widerstand
raten, sondern jene, die zum Nachgeben und zur Versöhnung bereit sind!"

Absoluter Lauterkeit und tiefem religiösem Denken waren diese einsichtsvollen
Worte entsprungen. Und gerade deshalb traf es Hansjakob wie eine schwere
, niemals zu heilende Verwundung, als sein „Fraktionshauptmann" Franz
Xaver Lender den liberalen Abgeordneten zurief: „Sie dürfen sich keine Hoffnung
machen, daß irgend ein ansehnlicher Teil des katholischen Klerus im badischen
Lande die Anschauungen teilen wird, die der Kollege Hansjakob hier
geäußert hat. Nein, der badische Klerus wird eher in die Verbannung gehen
und das Brot der Armut essen, als daß er sich unter ein Gesetz fügt, das als
ein unbilliges und unberechtigtes angesehen werden muß!"51

Zwischen der Fraktion der Katholischen Volkspartei und dem Abgeordneten
Hansjakob war damit das Tischtuch zerschnitten. Hansjakob wurde zum „Abtrünnigen
" erklärt. Der Telegraph, das Nachrichtenmittel der damaligen Zeit,
meldete der deutschsprachigen Welt: „Der Abgeordnete Hansjakob, Mitglied
der ultramontanen Fraktion und Pfarrer, erklärte, die Kurie müsse nachgeben
im Interesse des Friedens innerhalb der Kirche, des Klerus und des katholischen
Volkes."52

Diese rein auf das Examensgesetz in Baden bezogene Ansicht Hansjakobs
wurde fälschlicherweise als Generalabsage an den gesamten Kulturkampf interpretiert
und als solche durch die Presseagenturen und alle Zeitungen im ganzen
Deutschen Reich verbreitet. Die Folge war: ein Sturm der Entrüstung
erhob sich in den Presseorganen des politischen Katholizismus. „Sie werden
fortan viel Herbes zu erfahren haben", sagte der Dichter Victor von Scheffel
zu Hansjakob, als sich die beiden wenige Tage nach Hansjakobs denkwürdiger
Landtagsrede in dessen Haus in der Karlsruher Stephaniestraße trafen53.

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