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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
68. Jahresband.1988
Seite: 178
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meldeten armen Mädchen stattfinden, d.h. unter den 10jährigen Mädchen.7
Wer vor dem 20. Lebensjahr heiratet, oder ein „unreines, unchristliches, unfrommes
, unehrbares, übelgesittetes Leben führt, gegen Eltern und Vorgesetzten
ungehorsam ist, geht des Preises von 300 fl verlustig, der Betrag fällt an
den Fonds zurück". Wer ihn durch den Lebenswandel verdient hat, der soll
der Pfleger am Hochzeitstag den Betrag in einer zinnernen Schüssel mit einem
zinnernen Deckel mit einem Blumengebinde beim Hochzeitsmahl feierlich
überreichen. Der Pfleger nimmt dann unentgeltlich am Mahl teil. Da der gezogene
Preis mindestens 10 Jahre stehen bleibt, solle aus dem Zins jährlich armen
Jungen mit Gewährung des Lehrgeldes oder/und mit Kleidung eine Lehre
ermöglicht werden. Siebert verpflichtet zur strengen Verwaltung dieser Stiftung
. Sie war sicher eine große Hilfe für viele arme Mädchen bei der Gründung
eines eigenen Hausstandes.8 1824 wurde dieser Preis erstmals
ausbezahlt und bis zur Inflation 1923 die Verlosung und Auszahlung regelmäßig
durchgeführt. Ebenso begann 1824 die Unterstützung armer Lehrlinge, sie
hörte zu Beginn des 20. Jahrhunderts allmählich auf.

Die Jugend hatte auch damals ihre Fehler und Schwächen, die „gute alte Zeit"
besteht nur in der Erinnerung der Alten! So mußte immer wieder eine Preisträgerin
aus der Liste gestrichen werden wegen unsittlichen Lebens, weil sie
schwanger war, und einmal mußte eine verzichten, weil sie wegen Diebstahls
verurteilt worden war. Im Pfarrarchiv ist in den Stiftungsakten eine Notiz von
1889: „um der, wie es scheint, unbequemen und lästigen Kontrolle sich zu entziehen
und um ein ungebundenes, freies Leben führen zu können, suchten hiesige
Mädchen, welche den Tugendpreis gewonnen haben, mit Vorliebe bei
auswärtigen Herrschaften in Dienst zu treten". Das war Anlaß für den Armenrat
zu beschließen: „Diejenigen Mädchen, welche den Tugendpreis schon gezogen
haben und auswärts sich aufhalten, haben auf den 24. Juli jedes Jahres
ihre vom Pfarramt und Bürgermeisteramt beglaubigten Sittenzeugnisse einzureichen
. Widrigenfalls werden sie des Tugendpreises für verlustig erklärt."

In einem Zusatztestament vom 12. 7. 1812 vermachte Siebert dem Armenfonds
noch ein Haus, das er laut Kaufbrief vom 28. 3. 1812 von Philipp Rubi gekauft
und in guten Zustand herstellen ließ, einerseits Peter Göppert, andererseits
Valentin Kempf, hinten Gallus Dieterich, vorne die Hauptgaß - ein Haus mit
Scheuer und Stall - das spätere Armenhaus. Dieses Haus soll für arme hiesige
Einwohner bestimmt sein als Armen- und Arbeitshaus, zu „ewigen Zeiten"
unverkäuflich! Die Bewohner sollen hier wohnen und arbeiten und — soweit
der Fonds es austrägt — unentgeltlich und unter der Aufsicht des Armenpflegers
unterhalten und verpflegt werden. In diesem Zusatz bestimmte er auch,
daß nach dem Tod der Haupterben (seine Schwester und deren Mann) aus der
Erbmasse 1000 fl „auf die hiesigen Ortsarmen zurückfallen und zu dem hiesigen
Armenfonds ausbezahlt werden sollen, damit die nothleidenden Armen
unterhalten werden können."

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