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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
68. Jahresband.1988
Seite: 198
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gutes Land ist genug in Amerika zu haben und oft billig zu kaufen. Und von Abgaben
und Steuern weiß der Bauer hier zu Lande nicht viel!

In der Bauerei ist freilich gegen draußen einiger Unterschied. Dinkel wird keiner gebaut
, dagegen Weizen, Roggen, Haber, sehr viel Welschkorn, Buchweizen, Kartoffeln
; Raps und Hanf keiner, Flachs wenig. Obst gibt es genug und besonders dieses
Jahr. In der hiesigen Gegend sieht man ordentlich Pfirsich-Wälder. Pfirsiche gibt es
so viel, daß sie gar keinen Preis beinahe haben.

Der Schreiber, dieser Dr. Mundorff aus Stuttgart, Königreich Württemberg, hat dieses
Frühjahr und diesen Sommer beinahe den ganzen großen Staat Pennsylvania bereist
und beschreibt ihn als ein herrliches Land, wo die Leute gut, glücklich und zufrieden
leben, wo alles deutsch ist und wo er Euch auch anraten würde, anzukaufen.

Ist es denn bei Euch dieses Jahr auch so heiß und trocken? Die Hitze hier ist so groß,
daß sie kaum zum Aushalten ist, und die Trockenheit hat den Feld- und Gartenfrüchten
ziemlich Nachteil gebracht.

Von dem Bernhard Singler habe ich noch nichts gesehen, noch gehört. Sollte ich ihn
aber irgendwo treffen, so darf er wegen seiner an meiner Schwester Maria Anna4 und
ihren Kindern ausgeübten Schurkerei eines warmen Willkommens versichert sein!

Meine Frau hat ein großes Verlangen nach ihrer Mutter und ihren Geschwistern; für
sie wird es aber wohl schwer fallen, eine Reise nach Amerika zu machen. Meine Frau
hätte gerne auch gewünscht zu wissen, an wen ihre Schwester Barbara verheiratet ist.
Der Michel wird groß und stark und spricht besser englisch als deutsch, so wie auch
meine zwei Mädchen nichts als englisch plappern.

Schiffe mit Einwanderern aus Europa kommen täglich in New York an. Brächten die
Familien nur auch mehr Geld mit und gingen gleich tiefer in das Land hinein, um sich
anzubauen, wo noch viele Millionen „acre" Land zu verkaufen sind und des Anbaues
warten. In New York ist es nichts. Dort ist die Schlechtigkeit zu groß und man ist keine
Stunde seines Eigentums wegen Betrug, Diebstahl und dem beständigen Brennen sicher
, denn kein Tag, keine Nacht vergeht, wo es nicht brennt; erst vergangenen Mittwoch
brannten dort wieder 63 große Gebäude ab.

Ich schließe nun mit der wiederholten Bitte, uns gleich wieder zu schreiben. Wir grüßen
Euch, meine Frau Mutter und Schwestern, alle unsere Anverwandten, Freunde
und Bekannte sowie auch Herrn Schullehrer Frey herzlich und verbleibe wie immer
Euer treuer und dankbarer Sohn und Bruder

Johann Baptist Bilharz!

Der folgende Brief wurde von Katharina Spitz (* 16. 11. 1820) geschrieben,
Ehefrau des 1844 ausgewanderten Mathias Billharz (* 30. 06. 1817). Adressat
sind wohl die Schwiegereltern und die Eltern der Katharina Spitz. Sowohl
Schriftbild als auch das Bemühen, den heimischen Dialekt in Schriftdeutsch
umzusetzen, sind ein Hinweis dafür, daß Katharina Spitz den Brief selbst geschrieben
hat.

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