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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
68. Jahresband.1988
Seite: 282
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1988/0282
Student Goethe, der die Ankunft der künftigen französischen Königin Marie-
Antoinette erlebte. Nach der letzten Übernachtung im Kloster Schuttern fuhr
sie über die neu gebaute ,,Dauphine-Straße" von Altenheim nach Kehl in ihrer
Glaskarosse und wurde auf einer Rheininsel zwischen den beiden Brücken von
den Abgesandten ihres Gemahls empfangen. Über die hier in dem Empfangsgebäude
aufgehängten Wirkteppiche empörte sich laut der junge Goethe. In
der dargestellten Geschichte von Jason, Medea und Kreusa sah er bereits eine
schlimme Vorbedeutung und erinnert sich in „Dichtung und Wahrheit", Zeuge
eines solchen Verbrechens gegen Geschmack und Gefühl einer jungen Königin
bei dem ersten Schritt in ihr Land gewesen zu sein.

Militärische Gesichtpunkte traten in den Hintergrund. Viele Familien siedelten
nach Kehl über. Die Auswanderung über den Rhein wurde sogar bestraft.

Die Brücke hatte damals eine Breite von 5,20 m und bestand aus zwei Teilen.
Beaumarchais hat sie oft benutzt. Im Dezember 1780 hat er in der leerstehenden
Festung Kehl das Gouvernementsgebäude übernommen und hier die So-
ciete litteraire et typographique eingerichtet, um die Gesamtausgabe der
Werke Voltaires und die anderer Encyklopädisten zu drucken. 1774 war Kehl
zur Stadt erhoben worden auf Anregung des französischen Advokaten Rochebrune
, der, zum badischen Geheimen Legationsrat ernannt, in Kehl lebte (er
hatte den königlichen Prätor Klinglin vor Gericht verteidigt). Neue Baupläne
zur Erweiterung der Stadt bis an die Festungswälle wurden in Karlsruhe erarbeitet
, auf denen blühende Gärten mit schöner Rheinaussicht entstanden waren
. Ein Unternehmer eröffnete ein Leihhaus, und zwar wurde es gebaut
„nicht in ganz unmittelbarer Nähe der Rheinbrücke, so daß die Straßburger
möglichst ungesehen zum Leihhaus kämen". Auch die Graphikerfamilie Gue-
rin lebte in Kehl, wo der Sohn Gabriel Christophe 1790 geboren wurde. Von
ihm stammt das Bild Schwilgues am Gewichtskasten der Münsteruhr.

Beaumarchais hütete nicht nur die wertvollen Manuskripte wie seinen Augapfel
, sondern ebenso die wertvollen aus England beschafften schönen Basker-
ville-Lettern. In einem Augenblick der Unsicherheit brachte er sie im Mai
1785 bei einem Straßburger Bankier unter, holte sie dann auf dem gleichen
Weg über die Rheinbrücke wieder zurück. Danach aber mußte er feststellen,
daß aus einer der Kisten 347 seiner kostbaren Baskerville-Lettern verlorengegangen
waren.

Ohne den freien Zugang über die Brücke hätte er seine Druckerei nicht in so
großem Maßstab betreiben können.

In Arches bei Epinal stand die Papiermühle, von der er sein Druckpapier bezog
. Der Standort Kehl erleichterte den Absatz seiner Druckerzeugnisse, solange
die Zollgrenze westlich von Straßburg verlief. Auch andere Druckereien
ließen sich in Kehl nieder. Erst 1789, als die Grenze an den Rhein verlegt wurde
, zog Beaumarchais mit seiner Druckerei nach Paris. Kardinal Rohan verließ

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