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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
68. Jahresband.1988
Seite: 291
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1988/0291
Als beim Bau der badischen Eisenbahn 1844 eine Strecke von Appenweier
nach Kehl abgezweigt wurde, wollte man in Kehl wenig davon wissen,
wünschte, daß sie genügend weit weg vom Rhein ende aus der Befürchtung,
der Strom der Reisenden könnte an Kehl vorbei nach Straßburg ziehen. Man
argumentierte: „Jeder Fremde, wenn er das Münster von Straßburg und die
Schiffbrücke über den Rhein unmittelbar vor sich sieht, werde die erste beste
Gelegenheit benutzen, um nach Straßburg zu gehen, ohne sich nach Kehl, das
ihm im Rücken liege, zu wenden." Auch die Postillione sahen damals gewiß
mit langen Nasen den Dampfzügen nach. Das Thema griff Honore Daumier
auf und schrieb unter seine Karikatur ,,Et dire que maintenant, voilä tous les
voyageurs qui nous passent devant le nez! ..."

Tatsächlich wurde noch vor dem Bau der Brücke die Bahnstrecke nach Kehl
geführt zu einem Kopfbahnhof direkt am Rhein, und 1853 richtete man einen
„direkten Personen-, Gepäck- und Equipagentransport mit Pferdewagen zwischen
den Bahnhöfen Straßburg und Kehl" ein.

Als die neue Bahnstrecke Straßburg—Basel 1841 fast fertiggestellt war und
sich eine Querverbindung über den Rhein als nützlich anbot, kamen beide Regierungen
überein, eine Eisenbahnbrücke bei Kehl zu bauen. Federführend
war die Compagnie des chemins de fer de l'Est und die Badische Staatseisenbahn
bzw. die Große Oberdirektion des Wasser- und Straßenbaus. Gegenüber
der gewaltigen Länge der Rheinbrücken in den früheren Jahrhunderten (bis zu
1 400 Meter), sollte sie jetzt nur noch 235 Meter Länge erhalten. Möglich war
dies durch die inzwischen hier abgeschlossene Rheinkorrektion durch Tulla.
Es war ein Werk, das die Gemeinden am Rhein weitgehend vor Hochwasserschäden
schützte, das viele Nebenarme in ein Hauptstrombett führte, das der
künftigen Schiffahrt günstige Bedingungen schaffte und das vorrangige politische
Interessen nun befriedigte, bei einem unveränderlichen Flußlauf den Talweg
als dauerhafte Grenzlinie festlegte.

Ein neues Verfahren wurde beim Pfeilerbau entwickelt. Der Ingenieur Fleur
Saint-Denis, bisherige Erfahrungen aus England auswertend, wandte ein neues
System der Caissongründung an mit großen in Grafenstaden hergestellten
Druckkästen, in denen unter erhöhtem Luftdruck gearbeitet wurde, der kein
Wasser eindringen ließ. Die Arbeiter paßten sich beim Ein- und Aussteigen in
einer Luftschleuse dem wechselnden Druck an. Auch der Oberbau, hergestellt
von der Firma Benckiser in Pforzheim, wies Neuerungen auf. Zur Berechnung
der Festigkeit der Brückenträger gab es noch keine Methoden (Navier hatte in
Frankreich kürzlich erst eine Lehre von der Baustatik entwickelt). Verwendet
wurde ein neu entwickeltes Walzeisen für die Gitterträgerbrücke aus über
Kreuz genieteten Flacheisen. Sie bestand aus drei festen Brückenteilen (zwei
seitlich von je 58,5 und eines in der Mitte von 59,15 Meter Länge) und zwei
schwenkbaren Brücken auf den Ufern von je 64 Meter Länge mit asymmetrisch
angeordnetem Drehpunkt (zur Brücke hin um 4 Meter versetzt). Insgesamt
304,55 Meter war die Eisenbahnbrücke lang.

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