Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
68. Jahresband.1988
Seite: 319
(PDF, 112 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1988/0319
selben Nacht bei anderen Reichsbanner- und SPD-Mitgliedern durchgeführt
hatten. Tatsächlich war die Verbrennung vorgetäuscht, G. Trautwein hatte
Fahne und Protokollbuch versteckt, um sie nicht in die Hände der Nazis fallen
zu lassen, die dann auch noch im März 1933 auf dem Schiltacher Marktplatz
eine Fahnenverbrennung inszenierten. Die Polizeiaktion bei ihm ließ G. Trautwein
am Charakter der „Machtergreifung" keine Zweifel zu: Willkür, Rechtlosigkeit
, Verlust der bürgerlichen Grundrechte, kurz: „Die deutsche demokratische
Republik ist nicht mehr". „Das deutsche Volk, das am 5. März in
seiner überwiegenden Mehrheit sich für die sogenannte nationale Regierung
Hitler-Hugenberg entschied, wird vielleicht bald einsehen, daß die Freiheiten
demokratischer Regierungen nicht wieder einbringbar sind.. ."31

Die Nachrichten, die ihn von der Landesgeschäftsstelle der Staatspartei erreichten
, konnten ihn in dieser Meinung über das Ende der Demokratie in
Deutschland nur bestätigen. Die Ortsvereine sollten als „Gesinnungsgemeinschaften
" erhalten bleiben, gesellige Zusammenkünfte, Stammtische, Wanderungen
, gegenseitige Besuche könnten den Zusammenhalt festigen, „bis die
Zeit kommt, wo wir endgültig sehen können, was zu tun ist."32 Schon im Mai
1933 ging es im Gesamtvorstand in Berlin um die Selbstauflösugg der Partei,
die noch mit fünf Abgeordneten im Reichstag vertreten war, darunter Dr.
Dietrich und Dr. Heuss. Ende Juli teilte der langjährige Landesgeschäftsführer
Willy Stahl dann die „Liquidation" der Geschäftsstelle in Karlsruhe mit, allen
dankend, „die unserer Sache bis zum letzten die Treue gehalten haben".33
Aus dem Demokratischen Verein Schiltach traten die letzten Mitglieder im
April aus, darunter ein Lehrer, der folgendes mitteilte: „Schon lange allem
Parteileben fern, habe ich mich entschlossen, aus der Staatspartei auszutreten.
Es ist auch für Beamte gegenwärtig ratsam, Neutralität zu üben..."

G. Trautwein entschloß sich ebenfalls zur „vollständigen Enthaltung in politischen
Angelegenheiten", nicht ohne in einem bitteren Brief nochmals seine
grundsätzliche Kritik zu formulieren: Das „kampflose Abtreten der Demokratie
", das fatalistische Sichabfinden von Staatspartei, Reichsbanner und Eiserner
Front „mit den Verhältnissen" hätte ihn zu diesem Entschluß gebracht.
Nicht daß nun auch er seine Weltanschauung ändere, wie so viele andere in
den letzten Wochen, „ich bin und bleibe Demokrat". Nur habe auch die Demokratie
selber versagt, die sich in Presse und Versammlungen auf der Nase
herumtanzen ließ, die pflichtvergessene Männer in Regierungsämtern duldete
oder mit Pensionen versorgte und die den gewerblichen Mittelstand durch endlose
Belastungen in die Arme der Nazis trieb. „Da ich genügend bei der Polizei
dafür bekannt bin, daß ich früher gegen die Nazis arbeitete..., halte ich es
für besser, wenn in dieser Zeit, in der auch wohl die sachlichste Kritik nicht
mehr davor schützt auf den Heuberg zu kommen, ich mich vollständig zurückziehe
." Und trotz dieses Rückzuges auf sein Geschäft und seine Familie formulierte
er als seine innigsten Wünsche, „daß einst das deutsche Volk für eine

319


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1988/0319