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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
68. Jahresband.1988
Seite: 326
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eine Einkesselung befürchtete. Ein deutscher Offizier war noch am Nachmittag
ins Rathaus gekommen und hatte den Bürgermeisterstellvertreter Adolf
Trautwein bewogen, alle NS-Plakate und -Anschläge wegzureißen. Auch das
große, von Eduard Trautwein gemalte Hitler-Bild, das bei Kundgebungen die
Rathausfassade geziert hatte, wurde nun zertrümmert. Darüber herrschte bei
einigen Pgs. Aufregung. Einem jungen Unteroffzier, der sich deswegen aufregte
, mußte ich ganz deutlich sagen, daß diese Zeiten nun endgültig vorbei
seien..." Man verbrannte auch die Hakenkreuz- und die anderen Parteifahnen
, und G. Trautwein war sich der Situation bewußt: „FahnenVerbrennung!
Hier wiederholte sich im umgekehrten Sinne jene Fahnenverbrennung im
März 1933, wo schwarz-rot-goldene Fahnen auf dem Marktplatz von den Nazis
verbrannt wurden".

Noch bevor am Spätnachmittag des 20. April, „Führers Geburtstag", der Ortsgruppenleiter
Vornfett zusammen mit seinen drei Zellenleitern Schiltach verließ
, befahl er G. Trautwein die endgültige Schließung der Panzersperren in
Schenkenzell und an der oberen Säge. Seine Antwort: „Ich schließe die Sperren
nach Lage der Dinge". Er, der gewillt war, diesen Befehl durch Verzögern
zu unterlaufen, wurde jedoch alsbald damit konfrontiert, daß ein anderer NS-
Funktionär, ein Reichsredner namens Bernhöfft, die sofortige Schließung in
Schenkenzell befahl. Dessen Handlanger waren die Leute eines „Panzervernichtungstrupps
", die ebenfalls aus der Gegend stammten und „noch etwas
Werwolf spielen wollten". Um die Schließung auch der Sperre an der oberen
Säge zu verhindern, blieb G. Trautwein keine andere Wahl, als mit der Waffe
zu drohen: „Der Trupp zog im Abstand von sechs Schritt voraus, wir mit fertig
gemachtem Gewehr hintendrein". Auch mit Bernhöfft gab es nochmals eine
schwere Auseinandersetzung, als dieser, das Motorrad zur Flucht bepackt, die
Panzersperrenschließung befehlen wollte.

Nicht zu verhindern war der von Vornfett noch angeordnete Abtransport der
vielen Fremdarbeiter, die in den Schiltacher Industriebetrieben eingesetzt waren
. „Russen, Polen, Franzosen, Holländer sollten, nachdem sie zumeist unfreiwillig
aus ihrer Heimat hierher kamen, nun auf die gleiche Art Schiltach
wieder verlassen. Modernes Sklaventum, von Menschen eingerichtet, die sich
als Firmenschild „Arbeiterpartei" nannten!" Der Betriebsleiter Lüder hatte
vergebens darum gebeten, diese Menschen doch hier zu belassen, da man sie
doch kenne und auf sie einwirken könne. Vornfett bestand auf seinem Befehl,
und es war „ein Elendsbild sondergleichen, als Männer, Frauen mit kleinen
Kindern in einem langen Zuge Wolfach zu sich bewegten". Fliegerangriffe dezimierten
die Kolonne, die nach einigen Tagen halbverhungert in Villingen ankam
, von wo sie sofort wieder zurückgeschickt wurde. „Daß diese armen
Menschen verbittert wieder in Schiltach ankamen, braucht nicht zu wundern".

Nachdem abends von Schiltach aus auf das vom Feind besetzte Schenkenzell
geschossen worden war, sollte die Antwort von dort nicht ausbleiben. G.

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