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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
68. Jahresband.1988
Seite: 329
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bewußt, daß „die Umstellung im politischen Leben durch die Besatzung nicht
spurlos vorübergeht" und daß „ein Ventil geöffnet werden wird, um die verhaßte
Nazipartei zu treffen".42

Die Zeremonie einer Flaggenhissung durch die Franzosen am Schiltacher Rathaus
anfangs Mai 1945, zu der Spahis (algerische Reiterei) in roten Umhängen
und gelben Turbanen aufmarschierten, war für den an seinem Wohnzimmerfenster
stehenden G. Trautwein Anlaß für schwere Gedanken: „Seit den Zeiten
1806 — 13 sind keine fremden Soldaten mehr mit Waffen auf Schiltacher Boden
gewesen. Adolf Hitler war es beschieden, durch seine größenwahnsinnige
Politik die ganze Welt gegen uns zu sammeln, um diese Tatsache Wirklichkeit
werden zu lassen". „Mit Tränen in den Augen", wie er schreibt, „wandte ich
mich von diesem Bilde ab, das so recht unsere Schwäche kennzeichnete".43
Einziger Trost in dieser Situation war für ihn die Tatsache, der er „bis zum
letzten Tage in Wort und Schrift diese Banditen öffentlich bekämpfte, bis der
Volkswille 1933 uns die Möglichkeit dazu nahm". Seine große Hoffnung setzte
er auf den durch die Niederlage ausgelösten Schock, der „selbst den verstocktesten
Nazi zum Erwachen gebracht hat" und der für die Zukunft eine
ähnliche Blindheit und Verantwortungslosigkeit im deutschen Volk ausschließen
müßte.44

Am 3. 5. erhielt er den Besuch von Dr. P. Wäldin und eines Herrn von Deimling
, die der Besatzungsmacht beim Neuaufbau einer deutschen Verwaltung
behilflich waren und ihn baten, den Schiltacher Bürgermeisterposten zu übernehmen
. G. Trautwein lehnte aus geschäftlichen Gründen ab, schlug aber dem
Wein- und Obsthändler Paul Wolber vor, der dann auch zum kommissarischen
Bürgermeister ernannt wurde. Ihn selber berief man als dessen Stellvertreter,
so daß er doch von Anfang an in der Gemeinde mitarbeitete. Das „Gouvernement
Militaire" stellte ihm noch am 4.5. einen „Laisser-Passer" mit der Erlaubnis
aus, Tag und Nacht mit dem Fahrrad oder Auto im Gebiet des Kreises
Wolfach fahren zu dürfen. Die gemeinsame Arbeit entwickelte sich aber so
konfliktträchtig, daß der Bürgermeister den Stellvertreter im Juni 1945 seines
Amtes enthob.45 G. Trautwein konnte diese Art des Abganges um so weniger
verschmerzen, als er auch von Denunziationen Kenntnis erhielt, denen er unter
anderem durch die Abfassung seiner Erlebnisberichte „Aus meiner Tätigkeit
als stellv. Komp. Führer der Volkssturmkompanie 322" zu begegnen versuchte
. Bürgermeister Wolber trat seinerseits am 11.7. 1946 von seinem Amt zurück
, gefolgt von dem Fabrikanten Waldemar Korndörfer, der bis zu den
Gemeinderats wählen im September 1946 amtierte.

Der politische Neubeginn4(>

In die von dem damaligen Lahrer Oberbürgermeister Dr. P. Wäldin und dem
einstigen Parteigeschäftsführer der DDP in Baden Wilhelm Stahl ausgehenden
Bemühungen um die Neugründung einer liberalen Partei47 war auch G. Traut-

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