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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
68. Jahresband.1988
Seite: 340
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hatte, die er als „gegen die Entnazifizierung gerichtet" aufgezogen haben sollte
.63 Dabei hatte er seinem Bericht zufolge „genügend Gelegenheit", sich zu
äußern und auch das Gefühl „mit Respekt und Achtung" behandelt worden zu
sein, wiewohl gerade diese Kammer „von erfahrenen Männern als die Folterkammer
Badens bezeichnet wurde". Das Ende des überaus langwierigen und
aufreibenden Verfahrens kam aber erst im September 1948. Das endgültige
Spruchkammerurteil stufte ihn als „Entlasteter" ohne jegliche Sühnemaßnahme
ein, so daß der sofortigen Wiedereinsetzung als Bürgermeister durch den
Landrat nichts mehr im Wege stand. G. Trautwein sei nie ein Nazi gewesen
und immer auf dem Boden der Demokratie gestanden, führte L. Hess aus,
während das Gemeinderatsmitglied Martin Fritz (SPD) kurz feststellte: „Was
lange währt, wird endlich gut".64

Als Akt offizieller Wiedergutmachung war auch der Besuch des französischen
Gouverneurs de Rendinger in Schiltach zur „Gemeindebesichtigung" zu verstehen
, die dieser mit einer Delegation am 15.9. 1948 vornahm.65 Bürgermeister
G. Trautwein stellte ihm die Gemeinde in Geschichte und Gegenwart
vor, berichtete über die Arbeitsmarktlage (zur Zeit keine Arbeitslosen), die
Lage am Wohnungsmarkt (39 Wohnungssuchende), die Verluste bei den Gemeindefinanzen
durch die Währungsreform (146000.-Mark, derzeitiger Kassenstand
: 3 000 DM) und über die notwendigst anstehenden Projekte, nämlich
den Wohnungsbau und die Erweiterung von Trinkwasserversorgung und
Schulhaus. Der Gouverneur gab seiner Freude über die Rehabilitierung G.
Trautweins Ausdruck und sagte, daß er in ihm „den repräsentativsten Bürgermeister
des Bezirks sehe". Zugleich kündigte er, „an unser Gefühl als Christen
appellierend", die Zuweisung von 75 heimatlosen Ausländern aus dem Osten
nach Schiltach an, nachdem ursprünglich über 200 hätten kommen sollen.

Deren Unterbringung, es waren sog. „displaced persons" aus Ungarn, Lettland
und der CSSR, die aus ihren jetzt kommunistischen Heimatländern geflohen
waren, stellte den Bürgermeister gleich nach Wiederamtsantritt vor nicht
geringe Probleme, da er sich mit ihrer Zwangseinquartierung nur unbeliebt
machen konnte. Eine noch größere Sorge war für die Gemeindeverantwortlichen
die seit 1947 immer wieder auftauchenden Zeitungsberichte über Demontagelisten
, auf denen auch die Schiltacher Metallwarenfabrik Grohe (1948: 80
Beschäftigte) und die Firma Junghans in Schramberg standen, in der 120 Schiltacher
beschäftigt waren. Im Juli 1948 in seiner Eigenschaft als Kreisvorsitzender
der DP telefonisch auf das Gouvernement in Wolfach bestellt, wurde
G. Trautwein dort mit dem politischen Berater der französischen Militärregierung
De St. Hardouin konfrontiert,66 den er diesbezüglich informierte und um
Hilfe bat, „daß uns die Firma Grohe erhalten bleibe". Die dort Beschäftigten,
„intelligente, brave Arbeiter", könnten nicht einfach auf eine Arbeit mit Pickel
und Schaufel umgestellt werden, davon abgesehen habe Grohe früher zwei
Drittel der Gemeindesteuern bezahlt und so „viel zum Wohlstand Schiltachs
beigetragen". Der französische Diplomat blieb hart und meinte, „es sei viel

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