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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
68. Jahresband.1988
Seite: 389
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1988/0389
Kurz nach dem Einmarsch der Franzosen wurden die Stadtbediensteten auf das
Rathaus gerufen und mit weißen, gestempelten Armbinden versehen, damit sie
ungehindert erste Aufträge der neuen Herren ausführen konnten.

So erschien sehr bald der Stadtbote Friedrich Limberger mit der Stadtschelle
und verkündete in den Straßen und Gassen, daß unter Androhung der Todesstrafe
sofort alle Waffen, Radios, Fotoapparate und Ferngläser im Rathaus abzuliefern
seien. Überrascht war man bei der Abgabe, wieviel zurückgelassene
Panzerfäuste hinter dem Rathaus aufgestapelt waren und dann später von den
Besatzern einfach in den Kanal geworfen wurden. Natürlich wurde auch nach
eventuell versteckten deutschen Soldaten in den Häusern gefahndet sowie Heu
und Hafer für die Lasttiere requiriert. Immer wieder kamen bei Auswüchsen
die hier ansässigen Zivilfranzosen den Bürgern zur Hilfe, ein Zeichen dafür,
daß die Hausacher zuvor diese Zwangsarbeiter gut behandelt hatten.

Meist wurden die Franzosen in Gasthäusern untergebracht und eine sofortige
nächtliche Ausgangssperre verhängt. Im „Hirsch" neben der Kirche richtete
man die Ortskommandantur ein. Es wird berichtet, daß der französische Ortskommandant
ein vornehmer Mann gewesen sei und gegen ihm bekannt gewordene
Übergriffe hart einschritt. Überhaupt hielten sich die echten Franzosen
im Vergleich zu den Angehörigen der Kolonialtruppe zurück, bekamen sie
doch per Flugblatt u.a. folgende Weisung: „. . . Dein Benehmen, Deine Haltung
, Deine Disziplin seien einwandfrei — sie sollen dem Feinde imponieren
. . . Vermeidet Erpressungen, insbesondere Plünderungen . . . Vergiß nie,
daß der gute Ruf der französischen Armee von der Disziplin, der Haltung und
dem Benehmen der Soldaten ihrer Truppen abhängt. . . Vergiß nie, daß 2 1/2
Millionen Franzosen sich in Deutschland befinden ..."

Für die Hausacher schien der Krieg beendet zu sein. Am folgenden Tag
(22. April) wurde Wolfach (am 18. April wurde die Stadt noch durch einen
folgenschweren Fliegerangriff heimgesucht, am 21. April flog die Stadtbrücke
in die Luft) und am 24. April Hornberg von den Franzosen besetzt.

Ein klein wenig atmete man im Hausacher Städtchen auf, als bereits am Tag
nach der Einnahme, am Sonntagmorgen, den 22. April, das vom gesamten
Hausacher Geläut zurückgebliebene Glöckchen der St. Sixt-Kapelle vom hohen
Kirchturm die Gläubigen mit seiner hellen Stimme wimmernd zur Spätmesse
einlud. Als die Gottesdienstbesucher nach hinten schauten, entdeckten
sie im Glockenturm eine Anzahl Franzosen, die zur Mitfeier der hl. Messe gekommen
waren: Sieger und Besiegte bekannten dadurch dem gemeinsamen
Gott ihre Schuld, baten um Vergebung und lobten des Herren Macht und Güte.
Kein schlechtes Omen für die Zukunft.

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