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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
68. Jahresband.1988
Seite: 404
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nach richtigen Zeitungen nieder. Am 6. 7. 45 konnten die Lahrer auf den
Mauern der Stadt folgendes lesen:

„Dummheit ist Trumpf!

In letzter Zeit wird besonders die Beobachtung gemacht, daß kein Geschwätz dumm
genug ist, um nicht von der Hälfte der Bevölkerung geglaubt zu werden. Gleich nach
dem Einmarsch der französischen Armee regten sich verantwortungslose Elemente,
die sich hauptsächlich aus Nazis zusammensetzten und mit Sicherheit wußten, daß die
augenblickliche französische Besatzung durch eine amerikanische Besatzung abgelöst
werde; die Amerikaner näherten sich Offenburg und Spitzen wurden sogar in Lahr beobachtet
.

Die französische Besatzungsbehörde habe das Recht, einen Tag oder drei Tage oder
je nach der Dummheit der Verbreiter, auch wochenlang bis zur Ankunft der Amerikaner
das bisherige Besatzungsgebiet zu plündern. Sodann fanden sich besonders Kopflose
, die erklärten, Eheschließungen seien verboten, die Zahl der Geburten werde
überwacht, überhaupt würden sämtliche Hochschulen auf zwei Jahre, fünf Jahre oder
zehn Jahre geschlossen38.

Nachdem nun eindeutig von der französischen Besatzungsbehörde erklärt wurde, daß
die Abgabe für Männer an Bekleidungsstücken und demgleichen lediglich für französische
zurückgekehrte Kriegsgefangene und Deportierte bestimmt sei, hat dies aber dennoch
zu falschen Gerüchten geführt.

Nunmehr gibt es wiederum beschränkte Menschen, die behaupten, die Frauen müßten
Unterkleider, Strümpfe und Hüte abgeben, oder aber ein aufgerüstetes Bett müsse abgeliefert
werden, Nähmaschinen würden beschlagnahmt, kurz und gut, um es noch einmal
zu wiederholen, kein Unsinn ist dumm genug, um nicht in der Bevölkerung
lebhafte Verbreitung zu finden.

Der Herr Kreiskommandant hat angeordnet, daß in Zukunft diesem Geschwätz mit aller
Strenge nachgegangen wird. Wer solch einen Unsinn erzählt, macht sich strafbar
und hat mit keiner Milde zu rechnen; er kann sich nicht darauf berufen, daß er das von
einem Vetter oder einem Russen oder von sonst jemand gehört habe, der natürlich
durchaus zuverlässig sei.

Wir wollen uns darüber klar sein, daß man mit Absicht auf diese Weise versucht, die
im Landkreis Lahr herrschende Ordnung und Ruhe zu stören. Ein solches Beginnen
ist gewissenlos und daher strafbar."39

Die gesamte Bevölkerung — auch die Jugend — wurde über diesen einzigen
Informationsweg erreicht; die Jugendlichen wurden Anfang Juli 1945 durch
Plakate aufgerufen, sich zu melden, falls sie das Gymnasium besuchen wollten
^.

Sowohl die Militärregierung, die hinter Bekanntmachungen wie der des Landrats
vom 6. 7. 45 stand, als auch die Stadtverwaltung brauchten eine direkte
Verbindung zur Bevölkerung in einer Zeit, wo noch keine Zeitungen in der
FBZ zugelassen waren und die Zone auch noch keine eigenen Sender hatte41.
Die Medienlandschaft sollte sich nach einigen Monaten ändern: zwischen Au-

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