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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
68. Jahresband.1988
Seite: 408
(PDF, 112 MB)
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mal eine ganze Anzahl von Wohnungen, deren Inhaber gute Nazis waren oder
dessen zum mindesten stark verdächtigt, nicht angetastet werden dürfen ...•■„"
Darauf wies der Kreisdelegierte mit Nachdruck an, nur noch bei den Leuten
zu requirieren, die auf einer Liste des Entnazifizierungsausschusses standen.

Ende 1945 schilderten die Berichte der Stadtverwaltung die Lage als dramatisch
: „Mit der Bereitstellung von Villen, ganzen Häusern und Wohnungen sowie
von Einzelquartieren sind wir jetzt vollkommen am Ende."54 Die
emphatische Ausdrucksweise zeugt zwar für das Engagement des OB, aber der
spätere Betrachter zweifelt daran, daß ein realistischer, erfahrener Verwaltungsmann
wie Wäldin zu diesem frühen Zeitpunkt schon das Ende der Härten
der Nachkriegszeit erwartet hätte . . .

Die Wohnraumrequisitionen wirkten sich nicht nur durch den verminderten
Komfort der Lahrer aus; Truppen waren in den Schulen einquartiert, was den
Schulbetrieb erschwerte; Wohnungen wurden für die Besatzer instand gesetzt,
was an den verfügbaren Mitteln zehrte, usw. Anscheinend wurden mehr Gegenstände
beschlagnahmt, als offiziell genehmigt war. Die internen Berichte
des Requisitionsamtes (vom 25. 7. 1946 an hieß es „Beschaffungsstelle") an
den OB enthalten immer wieder Notiz von Zwischenfällen, die nach folgendem
Schema verliefen: ein Angehöriger der Besatzungsmacht verlangte irgend
einen Gegenstand anhand eines Scheins, dessen Unterschrift oder Stempel das
Requisitionsamt seinerseits nicht als gültig betrachtete, weil nicht vom Militärgouverneur
stammend55. Derartige Kompetenzstreitigkeiten konnten natürlich
von der Stadtverwaltung genutzt werden, um die Abgaben zu verzögern. Immerhin
rechnete das Lahrer Beschaffungsamt am 31. 12. 1947 die beschlagnahmten
Gegenstände auf 7054824 RM56.

In dem Bereich der Requisitionen von Wohnungen schien die Stadtverwaltung
und auch die Bevölkerung zum Konflikt mit den französischen Behörden bereit
gewesen zu sein, was aus den Berichten des Jahres 1948 hervortritt. Die Inhaber
beschlagnahmter Wohnungen beschwerten sich über allerlei Beschädigungen57
; der Oberbürgermeister versuchte, die Streitereien zu schlichten, bat
aber auch den Kreisdelegierten, seinerseits bei den Franzosen einzugreifen.
Nach den durchgesehenen Archivbeständen zu urteilen, reagierte dieser gewöhnlich
kaum auf solche Anfragen. Im Oktober 1948 aber war vor kurzem
erst ein neuer Militärgouverneur (i.e. Kreisdelegierter) nach Lahr versetzt
worden, der ziemlich gereizt antwortete, die Deutschen sollten doch nicht so
schnell die von ihnen bei anderen Völkern verursachten Leiden und Schäden
vergessen. Über persönliche Einstellungen hinaus zeigt diese Reaktion, daß er
den von den Deutschen übelgenommenen Praktiken seiner Landsleute58 eigentlich
machtlos gegenüberstand, vor allem, wenn die Übeltäter Angehörige
des Heeres waren, die sich auf andere Autoritäten beriefen und den — trotz
ihrer Uniform zivilen — Kreisdelegierten wenig Beachtung schenkten.

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