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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
68. Jahresband.1988
Seite: 412
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erhielten72. Waren die Wahlergebnisse von Wäldins Partei für Südbaden auch
bescheiden, so benahm er sich den örtlichen Vertretern der Militärregierung
gegenüber mehr wie ein Partner, der sich nicht einschüchtern ließ, denn wie
ein Untergebener. Der offene Ton, den er in seinen Berichten an den Militärgouverneur
pflegte, wäre ein Indiz für Kooperation — aber war er wirklich
darum bemüht? Was nach seinem Tode am 17. 11. 69 von der Lahrer Zeitung
" als „Mannesmut und Zivilcourage der Besatzungsmacht gegenüber"
eingeschätzt wurde, läßt andere Interpretationen zu. Sobald der Druck der Militärregierung
nachließ, zumal nach Gründung der Bundesrepublik, stellte er
sich den Argumenten des Kreisdelegierten taub in Sachen, die für die Franzosen
wichtig waren; ein Beispiel davon ist die Stillegung des „Lahrer Hauses",
wo im Lesesaal dem Publikum französische Publikationen angeboten wurden.
Von August 1948 an gingen die Öffnungszeiten allmählich zurück, der Vorgang
verstärkte sich im Herbst und im Winter, im Dezember schrieb die ,,Lahrer
Zeitung"\ das Lahrer Haus sei das Opfer der Währungsreform geworden.
Inzwischen hatte der Kreisdelegierte versucht, den Oberbürgermeister umzustimmen
, aber vergeblich73. Der Saal sei zu kostspielig für die wenigen Leser
, hieß es.

Überhaupt fällt in den Berichten und in der Korrespondenz auf, daß die Stadtverwaltung
vor allem, — aber nicht nur — in der Wohnungsfrage nach Gründung
der Bundesrepublik einen selbstsicheren Ton anschlug, der von den
französischen Berichterstattern folgenderweise interpretiert wurde: seit die
Deutschen sich ihrer Rolle auf der internationalen Szene bewußt seien, zeigten
sie immer unverhohlener, wie lästig ihnen die Besetzung ihres Landes sei.

Zum Schluß:

Die für die FBZ wichtigen Entscheidungen wurden nicht in Lahr getroffen. Es
war also von den vorhandenen Akten nichts Ortsübergreifendes zu erwarten.
Die Arbeit der Stadtbehörde und der Franzosen in Lahr scheint derartig von
alltäglichen und konkreten Zwängen geprägt gewesen zu sein, daß kaum etwas
von den „großen Ereignissen" der Zeit durchsickern konnte. Dazu kommt eine
wahrscheinliche Vorzensur der Stadtverwaltung, insofern auch in internen Noten
kaum Spuren von Politik im üblichen Sinn zu finden sind. Der Befund ist
also für den Historiker einseitig: Einzelheiten über die „Hungerjahre", aber
wenige Hinweise auf die örtliche Auswirkung der übergreifenden Ereignisse,
sei es in der Perspektive der französischen Deutschlandpolitik oder in der der
Nachkriegsgeschichte überhaupt.

Es sei noch einmal auf die eingangs erwähnte Problematik eingegangen: „auf
eigene Faust" dürften die französischen Vertreter der Militärregierung ziemlich
selten gehandelt haben, da sie sich meistens auf die aus Freiburg oder
Baden-Baden kommenden Anweisungen beriefen. Was die Rivalitäten zwischen
Militär und Zivilisten anbelangt, so kommen sie auf einem beschränkten
Gebiet wie Lahr besonders kraß zum Vorschein und wurden offenbar von der

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