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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
68. Jahresband.1988
Seite: 451
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Fischart - so dürfen wir vermuten - wäre zu solch leidenschaftsloser Bearbeitung
kaum der rechte Mann gewesen, und er wird das selbst gewußt haben.

Im „Eulenspiegel" hatte er Spott und Hohn über Priester, über die Ohrenbeichte
, über Totenmesse und Klostergründungen ausgegossen; im 6. Buch
des „Amadis" zum Beispiel „messe" mit „Predigt", „sainte Marie" mit „Ach,
Jesus" übersetzt.25

Wäre er auf diese Weise mit dem Staufenberger-Stoff verfahren, hätte er entweder
die alte Dichtung gänzlich umgestaltet und damit verfälscht oder sie
aber, satirisch verfremdet, der Lächerlichkeit preisgegeben.

Beides, denken wir, wollte er seinem Freund und Gönner Melchior Widergrün
nicht antun. Darum beschränkte er sich auf den Prolog und überließ die Hauptarbeit
dem Organisten Bernhard Schmid.

III. Die Ausgaben von 1310 und 1588 als Zeugnisse verschiedener Weltsichten

a) Die Sage vom Ritter von Staufenberg, deren älteste Spuren sich im Dämmerlicht
vorliterarischer Uberlieferung verlieren, kannte zwei Hauptgestalten:
den Ritter und die frouwe.

Die Erzählung des frühen 14. Jahrhunderts konzentriert das Interesse auf den
Ritter, der zum „weltlichen Legendenheiligen" stilisiert wird, dessen Nachahmung
dem adeligen Krieger Ruhm und Ehre im Diesseits und die Gnade Gottes
im Jenseits bescherte.

Die Neuausgabe des späten 16. Jahrhunderts setzt den Akzent auf beide Antagonisten
. Dies geschieht sowohl in der erneuerten Erzählung des Organisten
Bernhard Schmid, in der der Ritter und die frouwe gleichermaßen Gegenstand
des Interesses sind, als auch in den beiden Vorreden, von denen die eine die
frouwe dämonisiert, die andere den Ritter zum bürgerlichen Vorbild stilisiert.

b) Die Verserzählung von 1310 ist Ausdruck eines christlich-monistischen
Denkens: die vielfältige Welt der Erscheinungen wird auf ein einziges verursachendes
Prinzip, auf Gott, zurückgeführt.

Gott verläßt diejenigen nicht, die sich an ihn halten (PvSt 9); er hilft vor allem
den Rittern, daß sie im Kampf und im Turnier den Sieg davontragen (PvSt
76 ff.). Wer sich in einem tätigen Leben bewährt, der wirkt dadurch sein Heil
vor Gott (PvSt 1152).

Getrennt werden kann der Mensch von Gott nicht durch widergöttliche Mächte
, sondern nur durch eigene missetat (PvSt 467). Diese wiederum kann vergeben
werden auf Grund ritterlichen Einsatzes und durch den Empfang der
Sakramente.

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