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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
68. Jahresband.1988
Seite: 457
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immer wieder den räumlichen Ausgangspunkt für die Handlung der kleineren
Simplicianischen Schriften und den Ort, an dem die Hauptpersonen der Romane
Simplicissimus, Courage und Springinsfeld aus den verschiedensten Himmelsrichtungen
zusammenkommen.

Abgesehen davon, daß hier mit dem Posten des Schaffners bei den Freiherren
von Schauenburg eine gesicherte Existenz auf ihn wartete und seine Frau aus
der Gegend stammte, kann man vielleicht bereits in Grimmelshausens Entschluß
, sich hier nach Kriegsende niederzulassen, eine von Sympathie mitgeprägte
Entscheidung sehen. Denn die Verbindung zu seiner Heimatstadt
Gelnhausen war durchaus nicht ganz abgebrochen. Dort lebte zwar niemand
mehr aus seiner engsten Familie, wohl aber noch mehrere Verwandte, zudem
hatte er noch ein Erbteil zu fordern.12 Dennoch kehrte er nie dorthin zurück,
sondern verbrachte den Rest seines Lebens in der Ottenau.

Bevor ich auf Grimmelshausens Bekannte zu sprechen komme, möchte ich daher
noch einiges zur Charakteristik seines neuen Betätigungsfeldes und zu dem
Umkreis, in dem er sich fortan zu bewegen hatte, anmerken.

Renchen und Gaisbach liegen im Gebiet des damaligen bischöflich-straß-
burgischen, von 1604 bis 1664 an Württemberg verpfändeten Amtes Oberkirch13
. Dieses bestand aus den sechs Gerichten Oberkirch, Oppenau, Ulm,
Kappel, Sasbach und Renchen. Aufgrund der geringen Entfernungen zwischen
den einzelnen Orten und der gemeinsamen oberherrschaftlichen Verwaltung in
Oberkirch bestand eine enge Verbindung untereinander, so daß man Grimmelshausens
jeweiligen Wohnort nicht völlig isoliert betrachten darf.

Zu Grimmelshausens Zeit bietet das Amt Oberkirch keineswegs eine friedliche
Idylle. Zunächst handelt es sich hier um ein Bauernaufstandsgebiet des 16. Jahrhunderts
, das auch jetzt noch einen Unruhefaktor für seine jeweilige Obrigkeit
darstellte und dessen Bewohner auch im 17. Jahrhundert noch gelegentlich
zeigten, daß sie sich unliebsamen Verordnungen handgreiflich und mit Erfolg
zu widersetzen vermochten.14 Dies war Grimmelshausen zweifellos bekannt,
weshalb er in seiner Position kaum auf ein ruhiges Leben hoffen konnte.

Weiterhin hatte der mehrmalige Wechsel des Landesherrn durch die Verpfändung
ein in der Praxis offenbar recht tolerantes Nebeneinander der Konfessionen
zufolge.15 Hierin ist sicher mit ein Grund für Grimmelshausens liberale
Haltung in religiösen Dingen zu sehen.

Kennzeichnend ist aber vor allem das gewaltige Ausmaß an Verödung nach
dem Dreißigjährigen Krieg. Viele Ländereien mußten neu besiedelt und überhaupt
wieder in einen bebaubaren Zustand versetzt werden oder lagen länger
brach. Die dadurch zunächst geringen Erträge bei gleichzeitigem Rückgang
der Lebensmittelpreise durch gesunkene Bevölkerungszahlen verschärften die
Lage der meist bäuerlichen Bevölkerung um so mehr, als die grund- und lan-

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