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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
68. Jahresband.1988
Seite: 458
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desherrlichen Abgaben gleichblieben und die Kosten für Dienstleistungen, wie
Handwerker- und Dienstbotenlöhne, durch Arbeitskräftemangel anstiegen. Eine
Folge dieser Entwicklung war die Erschütterung der alten sozialen Ordnung
. Während viele freie Bauern verarmten und zu Tagelöhnern absanken,
gelang andererseits Dienstboten und Abhängigen durch gute Verdienste und
den allgemeinen Überfluß an freien Landparzellen der Aufstieg in die Selbständigkeit
. Aber auch ohne dies lebte ein Knecht etwa als Lohnempfänger oft
finanziell gesicherter als ein freier Bauer.16

Die aufgebrochenen Strukturen dieser Agrargesellschaft fanden im 17. Jahrhundert
auch kaum Zeit, sich wieder völlig zu festigen, da die Ottenau bereits
Ende der Sechziger Jahre wieder von den Auswirkungen des Französisch-
Niederländischen Krieges betroffen war.17

In der Hierarchie dieser Ständegesellschaft nimmt Grimmelshausen stets eine
Zwischenstellung ein. Durch seine Berufe steht er zwischen adliger Obrigkeit
und bäuerlichen Untertanen, mit denen er gleichermaßen in Berührung
kommt. Beruf, Herkunft und Bildung trennen ihn sowohl vom Adel als auch
vom Bauerntum.

Gibt es auch Indizien dafür, daß er zumindest zeitweise versuchte, seine Reputation
zu erhöhen — etwa die an Adlige aus seinem Umkreis gerichteten Widmungen
der Idealromane oder die Wiederaufnahme des Adelsprädikats —, so
finden sich jedoch auch keine eindeutigen Hinweise auf engere Kontakte zum
Ortenauer Adel. War er auch als Schaffner und Schultheiß bemüht, die Interessen
seiner Arbeitgeber zu wahren, so zeigt doch beispielsweise seine Rechnungsführung
als schauenburgischer Schaffner oder seine Korrespondenz mit
Bischof Franz Egon von Fürstenberg aus seiner Schultheißenzeit, daß man ihn
keineswegs als Büttel der Obrigkeit ansehen darf, sondern daß er sehr wohl
die Nöte „seiner" Bauern berücksichtigte und sich bei Bedarf sehr engagiert
für sie einsetzte.18 Allerdings identifizierte sich Grimmelshausen nie mit dem
Bauerntum trotz aller Sympathie für diesen Stand, die aus seinen Schriften
spricht, und obwohl er ja auch selbst Landwirtschaft betrieb. Auch dürfte allein
sein Status als zins- und steuereintreibender Vertreter der Obrigkeit von
Seiten der Bauern für ein eher distanziertes Verhältnis ihm gegenüber gesorgt
haben.

Grimmelshausens Bekanntenkreis in der Gaisbacher Zeit

Es ist also bereits generell die Frage, in welcher Schicht Grimmelshausens
freundschaftliche Kontakte gelegen haben könnten.

Doch zunächst zu Grimmelshausens Gaisbacher Zeit:

Das Gericht Gaisbach, bestehend aus Dorf und Tal Gaisbach, zählte etwa vierzig
Bürger und hatte incl. Grimmelshausen zwei Wirte, jedoch keine eigene

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