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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
68. Jahresband.1988
Seite: 469
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Rilkes Aufenthalte in Rippoldsau 1909 und 19131
„Über Straßburg hierher zu den alten Heilquellen ..."

Adolf Schmid

Paul Valery schrieb dem toten Freund als Nachruf: „Teurer Rilke!... Ich sah
in ihm, ich liebte in ihm den zartesten und geisterfülltesten Menschen dieser
Welt, den Menschen, der am meisten heimgesucht war von all den wunderbaren
Ängsten und allen Geheimnissen des Geistes.. ."2 Valery machte sich so
überzeugend zum Wortführer für viele. Aber die Kritiker Rilkes waren auch
nicht zurückhaltend. Bert Brecht tat z. B. fast gleichzeitig kund: „... Das sind
ja wieder diese stillen, feinen, verträumten Menschen, empfindsamer Teil einer
verbrauchten Bourgeoisie, mit der ich nichts zu tun haben will."3 — Rilke
war und bleibt wohl umstritten. Dies wird immer deutlicher in der Flut der Essays
und Erinnerungsbücher, in munterer Mischung von Bericht und Legende,
zu Rilkes Leben. Zwiespältig ist sicher auch, wie über Form und Gestalt der
Rilkeschen Sprache geurteilt wird. Da wird geschrieben von „narkotisierenden
Reimen" (R. Exner), von Sprachmagie, von Formenspielereien „an der Grenze
des Erträglichen"4 oder übertrieben „bis zur Manier". Da werden auch
Rilke-Texte in Kitschsammlungen als beispielhaft minderwertig vorgestellt.5
Andere schwärmen freilich für Lieder, die eben nur wenigen ihr Geheimnis
anvertrauen, die nur schwer zugänglich sind, oft „an der Grenze des nicht
mehr Sagbaren" (J. Storck), rätselhaft — wie z.B. des Dichters eigener Grabspruch
: „Rose, oh reiner Widerspruch, Lust, niemandes Schlaf zu sein unter
soviel Lidern" — wohl eines der schwierigsten unter schwierigen „letzten
Worten".

Ein „widerspruchsvolles Werk", wenn man auch die heutige internationale
Forschung betrachtet und das Interesse an Rainer Maria Rilke, dem einzigen
deutschsprachigen Lyriker zwischen Heinrich Heine und Bertold Brecht, der
weltweite Geltung erlangt hat. Widersprüchlich und umstritten ist er, eben
doch wohl Repräsentant einer Epoche des gesellschaftlichen Umbruchs. -
Aber hier in diesem Text wollen wir nicht literaturhistorisch vorgehen und
auch nicht politisch werten, sondern „nur" die Beziehungen Rilkes zur alemannischen
Region etwas verdeutlichen.

Jugend im Prag der Donaumonarchie

Am 4. Dezember 1875 ist Rilke in Prag geboren, in der Heinrichsgasse 19,
wenige Meter entfernt von der St.-Heinrichskirche, wo er auf den Namen Rene
Karl Wilhelm Johann Maria getauft wurde. In Prag also, der Stadt, die in
der letzten Phase der Donaumonarchie so viele künstlerisch-sensible und hoch-

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