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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
68. Jahresband.1988
Seite: 470
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begabte Menschen auf ganz unterschiedliche Lebenswege entlassen hat. Der
Vater Rilkes war Eisenbahnbeamter, stammte aus einem deutsch-böhmischen
Bauerngeschlecht; die Mutter verkörperte, was „gut bürgerlich" war im „goldenen
Prag" der k. u. k. Zeit. Die gesellschaftlichen Wunschträume konnte
ihr Ehemann als „verhinderter Offizier" nicht realisieren; die Ehe wurde denn
auch zur Mesalliance. Für den Sohn bot die Familie ein betont „deutschtü-
melndes" Milieu; Rene sympathisierte als Jugendlicher aber durchaus auch
noch mit seiner tschechischen Umwelt. Die Tatsache, daß Rene schließlich zu
Rainer wurde (unter dem Einfluß von Lou Salome, der 14 Jahre älteren Freundin
), ist später nicht nur als Germanisierung des Namens, sondern als Programm
einer Neugeburt zu verstehen.

Es dürfte wenig große Dichter geben, deren erste Produkte so schülerhaft ausfielen
wie bei Rilke. Um so faszinierender freilich, wie sich von Jugend an der
Formenschatz sammelte, verstärkte, aus vielen Quellen gespeist wurde und
sich zu unvergleichlicher Schönheit und Vollendung wandelte. Welches Ringen
dies voraussetzte, hat Rilke selbst meisterhaft skizziert in seinen „Briefen
an einen jungen Dichter"6. Rilkes erster großer Erfolg wurde „Die Weise von
Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke", geschrieben in einer Septembernacht
des Jahres 1899 (erste Fassung) in einer Prosa, die bis ins allerletzte Detail
hinein stilisiert und exaltiert ist, angereichert von raffinierten Rhythmen
und Reimen, mit ganz einfachem Inhalt: Der junge Soldat findet nach einer
Liebesnacht auf einem Schloß in Feindesland die letzte Erfüllung seines Lebens
, indem er für seine Fahne stirbt. Zehn bis fünfzehn Jahre später (1906
erst erschien der „Cornet" im Druck) hat die deutsche Jugend diese „Kriegslektüre
" mit Begeisterung gelesen, weil in dieser Dichtung in unerhörter Weise
die Stimmung schlaffer Müdigkeit verbunden war mit dem Pathos der
heroischen Sehnsucht nach Heldentum und Kraft.

In Straßburg — erste Veröffentlichung Rilkes

Aber das erste selbständige Werk des jungen Rilke war schon 1894 erschienen
— und zwar in Straßburg, im deutschen Elsaß. „Leben und Lieder, Bilder und
Tagebuchblätter" hatte Rene Maria Rilke einer jungen Dame, Valerie von
David-Rhonfeld, gewidmet und drucken lassen bei Georg Ludwig Kattentidt
(1862 — 1931 (?)), der nach einem Studium in Zürich und journalistischer Praxis
bei der Frankfurter Zeitung7 1892 in Straßburg den „Jung-Deutschland-
Verlag" gegründet hatte. 1894 brachte er im 1. Jahrgang von „Jung-Deutsch-
lands-Musenalmanach" u.a. auch Beiträge von Rilke: „Lautenlieder I - IV".
Der Herausgeber dieser „Halbmonatszeitschrift für Dichtkunst, Kritik und
modernes Leben" hatte seinen Betrieb in der „nie des bouchers", in der
Metzgerstraße. Rilke wurde sein eifrigster Mitarbeiter, bis 18978. Ende August
1894 reiste der 19jährige selbst nach Straßburg, um „seinen" Verleger zu
besuchen9, und im Herbst desselben Jahres erschien dann sein eben genanntes

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