Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
68. Jahresband.1988
Seite: 495
(PDF, 112 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1988/0495
Der Haslacher Maler Carl Sandhaas

in der Heil- und Pflegeanstalt Illenau 1843—45

„Die stille Wut hab ich schon lang"

Martin Ruch

Die Literatur zum Leben des Carl Sandhaas1 hatte für jene Jahre 1843-45,
in denen der Haslacher Maler in der Illenau2 stationär aufgenommen war, nur
wenige Informationen zu bieten. Unwidersprochen blieb dabei in allen Texten
die Behauptung, Sandhaas sei wahnsinnig, sei „närrisch" geworden, und erst
der Illenau-Aufenthalt habe zu einer Veränderung des Krankheitsbildes, zur
Ausbildung einer ungefährlichen Schwermut geführt. Der Anlaß zur Einliefe-
rung sei, so wird nach wie vor geschrieben, in erster Linie jenes Feuer gewesen
, das Sandhaas in seiner Waldhütte entfacht und das zu einem Brand geführt
habe.

Die im folgenden vorgelegten Schriftstücke lassen aber nicht unerhebliche
Zweifel an dieser Version der Geschichte aufkommen.

Die Texte stammen aus dem „Illenau-Archiv", das heute im Psychiatrischen
Landeskrankenhaus Emmendingen lagert, die gesammelten Krankengeschichten
aus der Illenau bilden seinen Bestand.3

Die Festlegung dessen, was eine Gesellschaft und auch ihre Experten unter den
Begriffen „normal" und „anormal", unter „schon krank" oder „noch gesund"
verstehen, wird von vielen Faktoren beeinflußt, die Begriffe selbst sind einem
ständigen Wandel ausgesetzt. Die Grenzen werden unentwegt neu bestimmt,
was einmal „Wahnsinn" war, gilt heute vielleicht für nur „originell". Gerade
bei Künstlern sind viele Gesellschaften heute zu einer Toleranz fähig, die noch
vor wenigen Jahren undenkbar gewesen wäre: Das Recht des Individuums auf
konsequente Ich-Findung gerade im künstlerischen Bereich entwickelt sich immer
mehr zu einem Grundrecht. Auch der Kampf um die persönlichen Rechte,
das Recht auf Wohnen, Nahrung, Arbeit etc. kann heute erheblich härter geführt
werden als etwa zu Beginn des vorigen Jahrhunderts, und auch ungewöhnliche
Methoden werden dabei nicht mehr als „verrückt" bezeichnet; der
streitbare Einzelne läuft nicht mehr so ohne weiteres Gefahr, als Wahnsinniger
verwahrt zu werden. Daß eine solche Stillegung radikaler und aufmüpfiger Individuen
früher häufiger vorkam, ist inzwischen bekannt; daß auch Sandhaas
wohl seinem ungewöhnlichen, aber möglicherweise berechtigten Verhalten
seine Illenau-Erfahrung zu danken hat, soll an dieser Stelle näher begründet
werden.

495


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1988/0495