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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
68. Jahresband.1988
Seite: 502
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können, sprang er über seinen Schatten (oder ist er nun „vernünftig" genug
geworden) und schreibt erneut an den Bürgermeister Ruedin:

Brief Sandhaas aus der lllenau an den Bürgermeister Ruedin, Haslach, undat., Ende
1845

Lieber Herr Ruedin!

Ich bitte recht sehr, dies sind gewöhnlich die Worte von Monsieur N.N. vielmehr weiß
ich Ihnen nicht zu schreiben lieber Herr Ruedin, es steht so übel mit meinem Geistes-
Vermögen, daß ich kaum im Stande bin, ein paar Worte zu Papier zu bringen, um Ihnen
zu sagen, daß — daß ich Sie unaussprechlich verehre und daß ich mich in einem
Asil befinde, aus dem jeder sehnlichst wünscht herauszukommen und zwar — bald. —
Herr Doktor Fischer wollen mir meine Entlassung geben und haben mir aufgetragen,
an Sie zu schreiben, es wäre mir nun sehr lieb, wenn ich einige Zeit in Haslach zubringen
könnte um die stärkende Gebirgsluft zu genießen, ich nehme mit einfacher Kost
vorlieb und mache durchaus keine Ansprüche auf silberne Vorlag-Löffel wie man mich
z. B. in Gengenbach und Offenburg damit serviert hat. Denn aufrichtig gesagt, mir
schmecken in Haslach Bier und Brot besser als hier alle Vorzüglichkeiten einer Garküche
, die geschlossenen Türen sind es, was einem hier die Kost so bitter macht; Ich
meine nun aber doch, man hätte mirs ein bißchen arg gemacht, ich kann mich durchaus
nicht entsinnen, wodurch ich die Schicksals-Götter so erzürnt und veranlaßt habe,
solch grausame Rache an mir nehmen, es sind nun beinah zwei volle Jahre seit ich verbannt
von allen meinen lieben Freunden und Bekannten in dieser Anstalt zubringe und
ich fürchte nun bei einem längeren Aufenthalt hier noch völlig der Raserey, dem
Wahnsinn oder dem Blödsinn anheim zu fallen, die stille Wut hab ich schon lang; und
glaube, es würde daher eine Luftveränderung dieser Art sehr vorteilhaft für mich sein,
ich habe sie deshalb ersuchen wollen, geeintester Herr Bürgermeister, bestens mitzuwirken
, daß ich hier los komme; ich wiederhole nochmals obige Worte von Monsieur
N.N. Ich bitte recht sehr!

Und verbleibe hochachtungsvoll

Ihr Karl Sandhaas

Aus dem Krankenbericht
28. Mai

Fortwährend Unlust zur Arbeit, Hang zum Müßiggang und zum Tändeln.
30. Juni

Ernährung und Aussehen besser, keine Einsicht der Krankheit, die Drohungen gegen
den Bürgermeister nimmt er nur als Scherz an, glaubt sich in Offenburg verfolgt. Arbeitet
noch immer wenig. Puls ruhig. Eine Zahnfistel auf der linken Backe will er nicht
heilen lassen.

20. Sept.

Ist etwas fleißiger, arbeitet gerne im Felde, zeichnet auch, schläft noch viel, sehnt sich
sehr in seine Heimath, nur die Haslacher Luft mache ihm Muth zur Arbeith, er werde

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