Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
68. Jahresband.1988
Seite: 557
(PDF, 112 MB)
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die Arbeitsmöglichkeiten, so daß es die Bewohner
allmählich zu einem gewissen Wohlstand
brachten. Doch berichtet Pillin in seinem
Werk nicht bloß darüber, sondern auch von
den Auswirkungen der großen Politik auf den
Ort, von den jungen Menschen, die für Napoleons
Ruhm kämpfen mußten, von der Revolution
von 1848/49, deren Auswirkungen August
Ganther in seinem Roman „Des Schloßbauers
Söhne" dargestellt hat, vom 70er Krieg und
den beiden Weltkriegen, aber auch vom Dritten
Reich, das in Ottenhofen wie sonst auch
begeisterte Anhänger fand. Aber es wird auch
berichtet von dem mutigen Pfarrer Schell und
seinem Widerstand gegen die Parteigrößen und
von der wachsenden Erbitterung im Volk, als
ein übereifriger Schulmeister die Versetzungslisten
der Schule durchsuchte und gegen ca. 100
Personen, die einmal sitzengeblieben sind, zur
Zwangssterilisation meldete.
So berichtet das Werk über viele Einzelheiten
unbeschönigend und zuverlässig. Damit wird
die Erinnerung an Geschehenes wachgehalten
und die Leser auf Grund geschichtlicher Einsicht
zur Unterscheidung der Geister gemahnt.
Vor allem aber mögen andere Verfasser von
Ortschroniken erfahren, daß es unbedingt notwendig
ist, sich auf die Quellen zu beziehen.

H. Sehn.

Thomas Kopp, „Entersbach — Heimatbuch
von Ober- und Unterentersbach"

Herausgeber: Stadt Zell am Harmersbach, 1988,
319 Seiten mit Plänen, Fotos und Bildern.
Wie schön, daß es das Heimweh und den
Wunsch, es zu stillen, gibt. Diesem Wunsch
verdankt dieses Buch sein Entstehen. Thomas
Kopp bekennt im Vorwort, daß er einst als
Lehrer in der Pampa Argentiniens, dem Land
ohne Wälder, Berge und fließendes Wasser,
Heimweh und den Wunsch gehabt habe, einmal
„Dorfschulmeister in Entersbach" zu werden
. Dieser Wunsch sei nicht in Erfüllung gegangen
. Nun wurde Thomas Kopp auf andere
Weise zu einem Lehrer für seine Mitbürger im
Entersbach. Auf Bitten der Ortsvorsteher von
Ober- und Unterentersbach verfaßte er dieses
Buch, mit dem er die heimatliche Landschaft
mit ihrer Geschichte, ihren Menschen, ihren
Sitten und Bräuchen erwandert. Frohgemut
darf der Leser auf diese Wanderung mitgehen,
um nach der Lektüre beschenkt wieder entlassen
zu werden.

Thomas Kopp konnte sich, was die Raumschaft
der Stadt Zell am Harmersbach anbelangt
, auf die Chroniken von Franz Disch und
Ruth Baitsch und die Arbeiten weiterer Heimatforscher
stützen, denn Zell a. H. hat immer
schon zu Darstellungen gereizt. Umfangreich
ist das Material, das Thomas Kopp herangezogen
hat, eindrucksvoll das Quellenstudium,
das er betrieb. Ohne jede Langatmigkeit hat er
den schier überquellenden Stoff zusammengefaßt
und in eine so lebendige Darstellung gegossen
, daß auch der nicht in der Historie bewanderte
Leser Gewinn und Nutzen aus dem
Buch zieht.

Der Verfasser zeigt in einem Schlußwort die
Wegstrecke auf, die er gegangen ist, um die geschichtlichen
Wandlungen der einst selbständigen
Gemeinden Ober- und Unterentersbach nachzuzeichnen
. Von der Urkinzig zum regulierten
Fluß, von den Urwäldern zum beförsterten
Wald unserer Tage, vom beschwerlichen Fußweg
der Schulkinder bis zum Schulbus, vom
„Bott" bis zum Telefon, vom „Feuerreiter"
bis zur Feuerwehr, vom armen Schulmeister
bis zum Lehrer im Zeller Bildungszentrum,
vom Kienspan bis zur Glühbirne — schöner
kann man das nicht zusammenfassen, was dieses
Buch so reichhaltig ausbreitet und zu einem
Lesebuch für jung und alt macht.
Es stimmt nachdenklich, wenn man erlebt, was
wir durch die rasante Entwicklung der letzten
Jahrzehnte alles verloren und noch schnell in
Museen zu bergen versuchen. Von vielen Sitten
und Bräuchen ist nur noch ein Abglanz geblieben
.

Das Kloster Gengenbach und die Freie Reichsstadt
Zell am Harmersbach bestimmten oft
den Weg der beiden Orte durch die Jahrhunderte
. Es gab Zusammenschlüsse und wieder
Trennungen der beiden Stäbe und Gemeinden,
bis sie, wie es so schön heißt, 1974/1975 „freiwillig
" Stadtteile von Zell wurden. Dort wollen
sie ihren Beitrag für die Entwicklung der gemeinsamen
Stadt leisten, aber auch eigenständig
das weiter hegen und pflegen, was das Enters-
bacherische ist. So wird das Buch auch zu einem
Dokument neuzeitlicher Kommunalpolitik
, die das Getrennte wieder eint und dennoch
im Respekt vor dem Hergebrachten lebt. Kein
Wunder, daß in diesem Buch auch der Stolz
der Entersbacher gegenüber den „Städtle-
Zellern" spürbar wird.

Daß diese Chronik mehr ein Heimat- denn ein

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