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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
69. Jahresband.1989
Seite: 83
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gen einigermaßen zu dämpfen, schössen sie mit ihren Gewehren in die Be-
wohnung des Vorgesetzten, der mittlerweile ihre angeblichen Beschwerden
zu Protokoll nahm". Unter Mitnahme des Stockurbariums, das in der Kirche
zu Oberachern abgeschrieben und dem Oberamt wieder zugestellt wurde,
zogen die Bauern wieder ab. Vom Landvogt wird berichtet, daß er sich noch
nach einem Vierteljahr nicht getraut hätte zurückzukehren!

Nach den Quellen von Heini wuchs der Zug auf über 1000 Mann an; er
schleppte die Schultheiße und Oberamtsräte der Vogteien mit und wandte
sich gegen Offenburg. Der österreichische Major Bouchot rückte ihm mit
105 Mann entgegen und versuchte, nach seinem Bericht, mit möglichster
Schonung und Mäßigung auf die Bauern einzuwirken. Diese klagten heftig
über die Beamten, „besonders über den Schulz von Ottersweier und verlangten
, daß ihnen ihr Huldigungsakt und ihre alten zugestandenen Rechte
abgelesen und neu versichert würden. Bouchot ließ die Beschwerden zu Papier
bringen und dem Oberamtsrat von Kleinbrod übergeben. Dann versprach
er für den nächsten Tag die Vorlesung der Rechte und forderte die
Bauern auf auseinanderzugehen. Er begab sich dann nach Offenburg zurück
, weil es den Anschein hatte, als wollten die Bauern am anderen Morgen
das dortige Oberamtsarchiv erbrechen, um sich ihrer sogenannten Privilegien
zu bemächtigen. Tags darauf versammelten sie sich bei Ortenberg auf
der ,grünen Wiese', wo sie von jeh ihre Huldigung geleistet hatten. Herr von
Kleinbrod verlas ihnen das Huldigungsprotokoll und andere Urkunden. Sie
waren damit vorläufig zufrieden, ließen die gefangenen Beamten von Ottersweier
, Appenweier und Griesheim los und zerstreuten sich. Ein Teil machte
noch den Versuch, nach Offenburg einzudringen, wurde aber vom Magistrat
und der Bürgerschaft, die ständige Wachen eingerichtet hatten, daran verhindert
. Schließlich löste sich die ganze Veranstaltung in allgemeiner Trunkenheit
auf, wodurch der erste ernstliche Zwischenfall entstand, indem eine mit
Kieselsteinen geladene Pistole losging und vier Mann verwundete".19

Man war zwar auch hier nicht so rigoros vorgegangen, wie es häufig der Fall
bei französischen Bauern war: die „ließen sich unter Drohungen die alten
urkundlichen Rechtstitel, in denen die verhaßten Rechte verankert waren,
und die Urkundsbriefe, die in ferner Vergangenheit das Recht zur Erhebung
von Grundzinsen verliehen hatten, herausgegeben und entzündeten damit
große Feuer auf dem Dorfplatz. Manchmal, wenn sich die Grundherren weigerten
, ihre Pergamente auszuliefern, zündeten die Bauern das Schloß an
und hängten die Herren auf."20 Doch ist auch von der Saar bekannt, daß
Bauern in der Nähe von Neunkirchen ein fürstliches Haus in Brand steckten.
Aber allein schon die versuchte Nachprüfung der Rechtsgrundlagen bedeutete
einen revolutionären Akt.

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