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Landvogt v. Blittersdorf: In der Ortenau geht es zum Erbarmen zu
Immerhin berichtete Landvogt v. Blittersdorf am 30. 8. dem Kammerpräsidenten
von Gayling, daß es in der Ortenau „zum Erbarmen" zugehe: Landvogt
v. Axter sei in Straßburg, Oberamtsrat Wellenburg dürfe nicht aufs
Land. Lediglich den Oberamtsrat Kleinbrod möchten sie; dieser sei am
28. 8. in Appenweier gewesen: „Der größte Teil der Bürgerschaft hat sich
entschlossen, den Vogt Barker, gewesener Amtskeller zu Bühl, wieder als
Vogt anzunehmen, zu Nußbach aber durchaus nicht. Die Untertanen, nämlich
die drei unteren Gerichte, wollen lediglich nichts mit dem Oberamt zu
tun haben. Sie wollen, daß Kleinbrod ihr Landvogt sein soll. Sie bestehen
darauf, daß ihnen das Huldigungsprotokoll von 1771 herausgegeben wird
und sie nach diesem behandelt werden. In vielen Sachen sollen sie nach dem
Urteil von Sachkundigen Recht haben; aber es so zu erzwingen, ist doch gegen
alle Pflichten. Sie sollen sogar den Gedanken gefaßt haben, den Pfandschilling
zurückzuerstatten, und wollen dann eine eigene Reichsstandschaft
ausmachen. Das einzige Gericht Ortenberg hat an den Unruhen keinen Anteil
genommen, bis auf wenige Örter, so gezwungen worden."21
Daß Oberamtsrat Kleinbrod unter den Beamten tatsächlich eine Ausnahmestellung
einnahm, mag aus dem Empfang hervorgehen, den er in Appenweier
erfuhr: „Kleinbrod kam ohne militärischen Schutz, wurde an der Post
von einer Abordnung der Bevölkerung abgeholt und zum Gasthaus zur
„Sonne" begleitet, wo die Gemeinde sich versammelt hatte. Man brachte
dem Vertreter der Landesherrschaft den größten Respekt entgegen, was
schon deutlich machte, und die Beschwerden bestätigen es, daß man nicht
entfernt an eine Veränderung der Staatsform oder der Gesellschaft dachte"
(K. Maier).
Auch andere Historiker, wie beispielsweise Manfred Krebs, betonten dies in
ähnlicher Weise: „Von radikalen Umsturzbestrebungen und grundsätzlicher
Gegnerschaft gegen die bestehenden Staatsverfassungen war man jetzt ebenso
weit entfernt wie einst bei den Ortenauer Bauernunruhen des 16. Jahrhunderts
, mit denen die revolutionären Vorgänge des Jahres 1789 überhaupt eine
gewisse Ähnlichkeit aufweisen". Krebs bringt seine pointierte Feststellung
im Zusammenhang mit den revolutionären Ereignissen im Elsaß, die sich
alsbald auf dem rechten Rheinufer in sehr gemilderter Form geltend gemacht
hätten: „Da hier keine extremen umstürzlerischen Tendenzen zu bekämpfen
waren, genügte ein tatkräftiges Auftreten der Regierungen und die
offen kundgetane Absicht, die ,gravamina' der Untertanen abzustellen, um
alle Gewaltsamkeiten im Keime zu ersticken."22
Aber es bleibt doch richtigzustellen, daß auch in Frankreich am Anfang der
Bauernunruhen im Revolutionsjahr 1789 keine radikalen Umsturzbestrebungen
Pate standen. Nach Georges Lefebvre, dessen Buch „La Grande Peur
de 1789" 1932 herauskam, hat sich zwar die Revolution der Bauern im Rah-
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