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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
69. Jahresband.1989
Seite: 88
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An erster Stelle forderten die Gemeinden die Wiederzulassung der durch
Kaiser Joseph II. verbotenen Prozessionen: „Vielleicht kamen diese Vorschläge
von den Ortsgeistlichen, das Volk verband sicherlich recht irdische
Vorstellungen damit." Maier verdeutlicht, daß man bei religiösem Brauch
durchaus auf den irdischen Nutzen achtete, wie man ja beispielsweise auch
auf die Erhaltung der Wallfahrtsorte mit aus diesem Grund bedacht war.

Alle Gemeinden wandten sich gegen die zu hohen Gebühren, die Pfarrer und
Beamte für ihre Leistungen forderten. Wesentlich erscheint der demokratische
Zug der bäuerlichen Forderungen: „Eine Reihe anderer Bitten zielte
zweifellos darauf ab, im Gemeinwesen elementare demokratische Verhaltensweisen
einzuführen, allerdings aus natürlichem Empfinden und Lebenserfahrung
heraus und nicht als Ergebnis politischer Reflexion. Man drängte
darauf, in einem bescheidenen Maße die Tätigkeit der Verwaltung mitzubestimmen
und konnte sich dabei wiederum auf ,vor Zeiten geübten Brauch'
berufen. Einfluß auf die Geschäfte versprach man sich durch die jährliche
Wahl des Bürgermeisters und der beiden Zumänner, die das Oberhaupt in
seiner Arbeit unterstützten." Maiers Hinweis, daß die erstrebte Demokratisierung
der Verwaltung keiner politischen Reflexion entspringe, will sicherlich
keinen deutschen Sonderweg andeuten, denn auch die französischen
Bauern orientierten sich nicht an einer Ideologie, sondern handelten aus
ganz konkreten ökonomischen Interessen.

Eine weitere demokratische Forderung der Bauern betrifft die Abhörung der
Gemeinde-, Stabs- und Heiligenpflegerrechnungen durch die gewählten Vertreter
und die Ablegung eines jährlichen Rechenschaftsberichts über den Zustand
der Gemeindegüter durch den Bürgermeister.

Das Verlangen, daß auch Bürgermeister, Zwölfer und Zumänner fronen sollen
, entspricht dem Bedürfnis nach gerechter Verteilung der Lasten innerhalb
der Dorfgemeinschaft und wäre wegen der finanziellen Ablösungsmöglichkeit
sicherlich auch leicht zu verwirklichen gewesen. Aber die Befreiung
von Schöffen und Ortsschultheißen war schon vor Jahrhunderten
üblich.

Natürlich stand auch das ewige Thema der Fronden zur Diskussion, wobei
das Oberamt die Befreiung der über 55jährigen von den Handfronden zusagte
. Dagegen widerstrebte es der von Nußbach verlangten Aufhebung des
Zehnten für Bohnen, Erdäpfel und Welschkorn. Zu den wichtigsten Punkten
zählte die von den Gemeinden erstrebte Abkürzung des damals zeitlich unbeschränkten
Militärdienstes, „indem sie um eine sechsjährige Kapitulation
(Vertrag zwischen Soldat und Regierung) nachsuchten, und sie erreichten
damit für ihre Söhne einen Sonderstatus, denn die Ortenauer mußten künftighin
nur acht Jahre lang dienen, während es für alle anderen österreichischen
Länder bei der alten Regelung blieb".

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