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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
69. Jahresband.1989
Seite: 90
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, ,Vom Schlag gegen die unteren Beamten wurde auch das System getroffen''

Diese Auswahl der Beschwerden soll hier genügen. Abschließend zu dem
Kapitel würdigt Karl Maier die Bemühungen der Bewohner des Landgerichtes
Appenweier, „demokratische Lebensformen, wie freie Religionsausübung
, Freizügigkeit, Selbstbestimmung, Kontrolle der Verwaltung im politisch
beschränkten dörflichen Rahmen zu verwirklichen".

Auch wenn sich die Tumulte nicht gegen die bestehende Staats- und Gesellschaftsordnung
gerichtet hätten, so seien von dem Schlag gegen die unteren
Beamten auch das System getroffen worden. „Monarch und Präsident lebten
in nebelhafter, mystischer Ferne, Vogt und Zwölfer, mit menschlichen
Schwächen behaftet und durchaus auf ihren persönlichen Vorteil bedacht,
führten Recht und Gesetz im Alltag mit all den oft unangenehmen Folgen
für den einzelnen aus; sie machte man für die Mängel verantwortlich, die
in der Staats- und Gesellschaftsform lagen." Wo der Präsident in der Nähe
amtierte, war auch er vor Angriffen nicht sicher. Unter den Beschwerden der
Bürger im Fürstentum Nassau-Saarbrücken aus Stadt und Land war die Forderung
nach Entlassung des verhaßten Regierungspräsidenten von Hammerer
die erste, wobei aber auch dort ,,die Person des Fürsten für unantastbar
und für unverantwortlich gehalten wurde".28 Der Regierungspräsident mußte
mit seiner Familie das Land „heimlich und in der größten Eile" verlassen
, wie Hoscher berichtet.

Kähni: „Ein solches Staatswesen hatte keine Daseinsberechtigung mehr"

Mit dem Hinweis der „Privilegierten Strasburgischen Zeitung" vom
21. 8. 89 auf eine behauptete Unruhe in Offenburg lag sie durchaus richtig.
Die Auseinandersetzungen, die zwischen Rat und Bürgerschaft 1752 begonnen
hatten und in deren Verlauf im Frühjahr 1753 von der Bürgerschaft gar
184 Beschwerdepunkte vorgebracht wurden, waren erst vor 25 Jahren beendet
worden: am 6. Juli 1764 unterschrieben der Magistrat und der Ausschuß
der Bürger eine 48 Punkte umfassende „Vergleichs-Resolution". Die Gründe
für den Aufruhr der Bürger sind sicherlich von Interesse, doch mag hier eine
abschließende kritische Stellungnahme von Otto Kähni genügen:29

„Der Prozeß war umsonst gewesen; denn das aristokratische Regiment der
Patrizier blieb bestehen. Nach wie vor übte der Alte Rat die Strafgerichtsbarkeit
allein aus, die wirtschaftlichen Vorrechte seiner Mitglieder blieben
erhalten. In den letzten Jahrzehnten der reichsstädtischen Freiheit bestanden
beide Ratskollegien aus je 6 Zwölfern. Diese waren entweder Angehörige
der vornehmen Geschlechter oder wohlhabende Handwerksmeister, die ein
beträchtliches Vermögen hatten. Die Masse der Bürgerschaft jedoch, die
sich aus kleinen, in ärmlichen Verhältnissen lebenden Handwerkern zusam-

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