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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
69. Jahresband.1989
Seite: 98
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in der Erwartung der Ausführung des Beschlusses der Nationalversammlung
vom 4. August über die Abschaffung der Privilegien, der mit vielen Versprechungen
in allen Gemeinden bekanntgemacht worden war.

Was den Einsatz des Militärs betraf, so waren die der Landeskasse aufgebürdeten
Kosten sehr beträchtlich. Zu den Ausgaben für Verpflegung der Offiziere
und Mannschaften sowie für Fourage kamen beispielsweise noch
85 Gulden an Douceur (Trinkgeld) an 50 Mann aus der Weißenburger Garnison
, 51 Gulden Gratifikation für das Detachement der Reiter von Artois.
Kostbare Geschenke erhielten die Herren Offiziere: der Officier de la mare-
chaussee Thourmann eine goldene tabatiere im Werte von 315 Gulden, ein
Lieutenant von der Royal Cavalerie ein goldenes Etui als Erkenntlichkeit der
gnädigsten Herrschaft im Werte von 6 Louisdor!

Das Hanauerland — Objekt einer Ausbeutungspolitik der Rentkammer

Daß auch das badische Hanauerland, wo die hessische Herrschaft nie sehr
volkstümlich war, vom Aufruhr ergriffen wurde, verstand sich fast von
selbst. Im unteren Hanauerland hatte schon früh — um 1517 — der Bundschuh
Fuß gefaßt, im Bauernkrieg von 1525 beteiligten sich die dortigen Gemeinden
am Sturm auf das Kloster Schwarzach; im oberen Hanauerland
stießen sie zu den Haufen des Hauptmanns Wolf Schütterlin von Willstätt.
Genau zweihundert Jahre später, 1725, trugen die Hanauer unter Berufung
auf den Vertrag von Renchen, der allerdings durch Philipp III. nicht anerkannt
worden war, ihre Beschwerden vor. Dem Aufstand der Gemeinden
Linx, Bodersweier, Leutesheim, Legelshurst und Freistett, bei dem die mit
der Steuereinziehung beauftragten Beamten vertrieben wurden, folgte eine
Exekution mit ihrer drückenden Belastung. Nach dem 1736 geleisteten Huldigungseid
für den Landgrafen Ludwig VIII., den man zunächst verweigert
hatte, brach die Regierung gegebene Versprechen. Da die Hanauer von den
hessischen Beamten mehr als je zuvor gedrückt wurden, beschwerten sich
1737 mehrere Gemeinden; auch das Gericht Lichtenau führte 1739 Klage
und schließlich im Jahr darauf die beiden Ämter Willstätt und Lichtenau.
Die Beschwerden rissen nicht ab: „Immer mehr war das Land nur Objekt
einer Ausbeutungspolitik durch die Rentkammer geworden, die den Anforderungen
aus Pirmasens nachkommen mußte."35

Die endlose Drangsaliererei führte zu einer starken Auswanderung, bei der
sich die Landesbehörde noch durch das Vermögen der Abziehenden bereicherte
. Zur großen Erbitterung führte der durch herrschaftliche Drohungen
erpreßte, widerrechtliche Rückkauf des Willstätter Waldes. „Die Wegnahme
des Willstätter Gemeindewaldes war ein unerhörter absolutistischer Gewaltakt
, der die Einwohner zu armen Leuten machte", schrieb Beinert.36 Ein

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