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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
69. Jahresband.1989
Seite: 138
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Grimmelshausen hielt, soweit ich sehe, in seinen nachfolgenden politischen
Schriften, vorab in der Ratio Status (1670) an den hier umrissenen Prinzipien
der Regierkunst fest. Die Frage, wie sein Erzählwerk, soweit es politische
Fragen berührt, im Spektrum der politischen Theoriebildung seiner Zeit einzuordnen
ist, kann, wie mir scheint, nur annähernd beantwortet werden. Er
schöpft im historisch-politischen Bereich weitgehend aus zweiter Hand
(Garzoni, Boisteau usw.). Die Benutzung von theoretisch fundierten Werken
der 'Policey'-Literatur läßt sich bislang — vom Friedens-Raht abgesehen
— nicht nachweisen. So rückt ihn Eberhard Mannack in die Nähe von Rein-
kingk und Pufendorf. Dieter Breuer zieht die Staatstheorie von Adam Cont-
zen heran. Gewiß scheint mir nur, daß er durch die Arbeit am Friedens-Rath
die Konzeptionen eines gemäßigten, durch ständische Elemente eingeschränkten
und biblisch begründeten Absolutismus kennengelernt hat.16

Diese werfen auch Licht auf den letzten Roman Grimmelshausens, auf Pro-
ximus und Lympida. Die Hauptfiguren im Rahmenteil, dem historischen
Überblick am Eingang des Romans („Vorrede") einerseits wie auch die fiktiven
Figuren des Erzählteils selbst repräsentieren positive und negative
Exempla nach dem Wertungssystem der 'biblischen Policey' in einem historischen
Raum, der dem Eingriff der göttlichen Vorsehung weit geöffnet ist.
Auf der einen Seite die byzantinischen Herrscher Mauritius und Heraclius,
im Erzählteil Orontäus, Typen zweckrationalen politischen Handelns, in den
Künsten der Verschleierung der eigenen Absichten, der Täuschung, geübt,
voll Selbstgewißheit und Vertrauen auf die eigene Kraft, im Extremfall Verräter
und Mörder — die Seite der Machiavellisten. Auf der anderen Seite
Modestus und Proximus, Vater und Sohn, und Myrologus, hochadlige Demutsfiguren
, die sorgfältig nach dem Willen Gottes forschen und auf Geld
und Grundbesitz, auf die Voraussetzungen des Geltungsanspruchs ihrer sozialen
Schicht, freiwillig verzichten. Auf einer anderen Ebene, der der
Hauswirtschaft, die ja nach den Grundsätzen der älteren 'Policey'-Literatur
eine Art von Propädeutikum für die Staatsökonomie ist, repräsentiert Hap-
sa, die Frau des Myrologus, die scharf kalkulierende, jedem Risiko ausweichende
Haushaltsführung, die deshalb Gott fern ist, weil sie die Lehre von
den Vögeln unter dem Himmel vergessen hat (vgl. bes. S. 117—118). Auch
in dieser Hinsicht zeigt sich die kunstvoll kalkulierte Struktur des Romans,
der auf verschiedenen Ebenen analoge Figuren setzt. Die wichtigsten Intentionen
Grimmelshausens, darin herrscht Übereinstimmung, liegen darin,
dem Leser ethische Exempel politischen Handelns zu geben und das Wirken
der Providentia Dei in der Zeit zu veranschaulichen, um den Leser den Zusammenhang
der Heilsgeschichte ahnen zu lassen, in dem auch seine Zeit
beschlossen ist.

Hinter diesen hauptsächlichen und zunächst am meisten auffallenden Funktionen
der Exempla verbirgt sich in den Romanen Grimmelshausens eine

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