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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
69. Jahresband.1989
Seite: 139
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dritte, erst bei genauerem wiederholten Lesen erkennbare Funktion: der
Aufweis analoger politischer Situationen in der Zeit des Lesers und die Aufforderung
an ihn, die eigene Zeit im Licht historischer Verhältnisse zu sehen
, um schließlich im ganzen Buch der Geschichte den letztlich
unerforschlichen Ratschluß Gottes zu ahnen. In Hinsicht auf den früheren
Roman Dietwalt und Amelindis ist diese Funktion schon wiederholt angesprochen
worden. Keine Frage, daß Grimmelshausen mit dem „großen Ludwig
" — so nennt er den Frankenkönig Chlodwig — zugleich auf Ludwig
XIV. verweisen will und zwar auf dessen Expansionspolitik, auf dessen
Skrupellosigkeit bei der Beseitigung von Konkurrenten um die Macht, auch
auf dessen Repräsentationsbedürfnis. Allerdings scheint mir, daß man unter
diesem Aspekt den Roman noch genauer lesen könnte als dies bisher geschehen
ist. Ein Beispiel: wenn die Situation bei den Gotenkönigen Dietrich von
Bern bei den Ostgoten und Adelreich bei den Westgoten so dargestellt
wird:17

Andern Theils musten beyde Gotische König die Fränckische Macht die mit Eroberung Gal-
liae und gäntzlicher Überwindung der Allemanier in kleiner Zeit groß worden / nicht unbil-
lich entsitzen; der Westgoth zwar so viel desto mehr / umb daß er eine zu Gallia gehörige
Provintz besasse / die mit etwas scheinbarlichem Vorwand von der Frantzösischen Cron eben
so leichtlich gefordert und bekriegt / als bezwungen werden möchte; Dieterich von Bern aber
sorgte / vornemblich weil obgemeldte seine Tochter die der Grosse Ludwig zur Ehe gehabt
/ vorlängst dem Leben geurlaubet / es dörfften diese Landzwinger durch die Fruchtbarkeit
des edlen Italiae verleckert und gereitzt werden / sich zu unterstehen / ihn aus seinem Nest
zu treiben.

— wenn die politischen Gefahren für die beiden Gotenkönige so dargestellt
wurden, dann mußte doch wohl einem Leser in Allemanien' um 1672 der
Gedanke aufschießen, daß die elsässischen Landesherren in einer vergleichbaren
Situation wie der Westgotenkönig waren, und an den Figuren von
Dietrich von Bern und seiner Tochter vermochte sich leicht die Situation der
spanischen Krone nach dem Tod Philipps IV. 1665 spiegeln, die Bedrohung
der flämischen Provinzen nämlich durch Erbansprüche Ludwigs XIV. aufgrund
seiner Ehe mit Maria Theresia von Spanien, die zum Devolutions-
krieg 1667/1668 geführt hatten. Sind das nicht politische Warnungen an den
Leser, solche, die sich Franz Egon von Fürstenberg entschieden verbeten
hätte?

Vergleichbare Analogien über die Zeiten hinweg stellen sich beim Lesen von
Proximus und Lympida nicht ein, zumindest nicht, was die große politische
Szene zwischen dem Reich und Frankreich betrifft. Doch findet man, ohne,
wie ich meine, der Erzählung Gewalt anzutun, Analogien zum Schicksal der
letzten Angehörigen des Hauses Fleckenstein. In kurzen Zügen: durch den
plötzlichen Einfall französischer Truppen in Lothringen und die Vertreibung
Herzog Karls IV. aus Nancy im Sommer 1670 rückte die französische Gefahr
in die nächste Nachbarschaft ihres Herrschaftsgebietes. Im Dezember 1670

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