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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
69. Jahresband.1989
Seite: 230
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1869 wurde Lender erstmals als Mitglied des Ständehauses gewählt. Bis
1886 war er dann Mitglied des Ständehauses, von da bis 1913 Mitglied des
Reichstages.

Im Ständehaus bildete er mit Lindau, Bissing und Baumstark eine Fraktion,
das,,Festungsviereck", ein berühmter Ehrentitel. Das Beispiel dieser Männer
machte Schule. Die Katholiken wachten auf, Vereine und eine sich entwickelnde
Presse schafften schließlich den Ackerboden für eine katholische
Partei. 1869 trat sie als „Katholische Volkspartei" ins Leben. Zwei Jahre danach
wurde Lender deren Vorsitzender. In den Niederschriften der Karlsruher
Debatten steht ein stolzes Wort Lenders. Auf den Vorwurf, die
Katholiken seien auch dem Papst in politischen Dingen zum Gehorsam verpflichtet
(es war gerade das Dogma der Unfehlbarkeit des Papstes verkündet
worden), antwortete er dem liberalen Führer Kiefer: ,,Wenn es Ihnen gelingt
, diesen Satz aus den Dogmen oder der Verfassung der Kirche zu beweisen
, so verspreche ich Ihnen, heute noch aufzuhören, katholischer Priester
zu sein"15. Lender trat selten in den öffentlichen Debatten auf, sein Arbeitsfeld
waren die Ausschüsse. Aber wenn er das Wort ergriff, war es geschliffen
und traf den Nagel immer auf den Kopf. Bei aller Schärfe wahrte
er aber stets die Achtung vor der Ehre seines Gegners. Das verschaffte ihm
in allen Kreisen, auch in denen seiner schärfsten Gegner, Anerkennung bis
zur Beliebtheit. Lenders Rededuelle mit dem badischen Staatsminister Jolly,
dem gefährlichsten Gegner einer unabhängigen Kirche, waren berühmt. Sie
waren gleichsam ein Gegenstück zu den Duellen Bismarck-Windthorst.

Er und seine Mitstreiter konnten allerdings nicht verhindern, daß Gesetz um
Gesetz erlassen wurde und der Kirche immer engere Fesseln angelegt wurden
. In seiner Erbitterung schleuderte er seinem Gegner die Worte ins Gesicht
: ,,Wenn Jolly den Weg geht, der ihm von der liberalen Seite angeraten
wurde, dann stehe ich ihm dafür ein, daß die römisch-katholische Kirche im
Großherzogtum Baden, das katholische Volk in Baden, ihn auf seinem grünen
Sitz überleben wird"16.

Die Wende in Lenders Haltung kam mit Leo XIII. und dem Einlenken Bismarcks
. Seine Überzeugung: der Weg der Verständigung und zum Frieden
müsse beschritten werden. Nur Kampf um des Kampfes willen war in seinen
Augen unrecht. 1885 stellte er in Ettlingen den Satz in die Öffentlichkeit —
und damit offenbarte er seine innerste Überzeugung: ,,Ein freundliches Einvernehmen
zwischen Staat und Kirche ist für beide Teile von höchstem Vorteil
, und ich glaube, jedes Opfer, das mit Ehren und ohne Preisgabe der
Grundsätze gebracht werden kann, jedes Opfer, sage ich, ist nicht zu hoch,
wenn es gilt, den Frieden, die Verständigung zu erhalten und sie zu erkaufen
".

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