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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
69. Jahresband.1989
Seite: 252
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mittlung fand Kurpfalz 1702 den Herzog von Orleans mit Geld ab. Als Erfolg
konnte der ,,allerchristlichste König" die im Zusammenwirken mit den katholischen
Reichsständen im letzten Augenblick in den Vertrag eingeführte
Rijswijker Klausel verbuchen, durch die alle zugunsten der katholischen
Minderheitskonfession getroffenen Regelungen in den während der Reunio-
nen oder des Krieges besetzten Gemeinden aufrechterhalten werden mußten.
Vor allem die Kurpfalz war davon betroffen und wurde zum Land der Simultankirchen
.

VII. Ausblick

Das Ergebnis des Pfälzer Erbfolgekrieges zeigte, daß sich die politischen
Gewichte in Europa verschoben hatten. In der Rivalität Bourbon-Habsburg
hatte sich Frankreich zwar noch behauptet, aber erstmals schon erworbene
Positionen wieder räumen müssen. Leopold I. hatte dagegen im Türkenkrieg
die habsburgische Machtbasis beträchtlich erweitert, der Frieden von Karlo-
witz 1699 brachte ihm ganz Ungarn und Siebenbürgen. Gleichwohl stand die
nächste Machtprobe unmittelbar bevor: der Streit um die Zukunft des spanischen
Reiches nach Aussterben der dortigen Habsburger, der seit 1700 im
vierzehnjährigen Spanischen Erbfolgekrieg ausgetragen wurde. In seinem
Verlauf unternahmen französische Truppen erneut mehrfach Plünderungszüge
in die Ottenau, ohne daß freilich die Verwüstungen ein auch nur annäherndes
Ausmaß wie 1689 erreicht hätten.

Der politische Traum der natürlichen Grenzen erfüllte sich für Frankreich
erst ein Jahrhundert später — für einige Jahre. Im Frieden von Luneville
1801 (insgeheim schon im Frieden von Campo Formio 1797) gab der Kaiser
die territoriale Integrität des Reiches preis und trat das linke Rheinufer an
die französische Republik ab.

Die Zerstörungen am Ende des 17. Jahrhunderts hatten eine langfristige
mentale Wirkung. In der Flugschrift eines Exilfranzosen aus dem Jahr 1689
werden die zeitgenössischen Stimmungen reflektiert: ,,Einst galten die Franzosen
als eine ehrenhafte, menschliche und gesittete Nation, deren Geist der
Barbarei entgegengesetzt war. Aber heute ist ein Franzose und ein Kannibale
in der Meinung der Nachbarn beinahe dasselbe." In den deutschen Berichten
über die Verwüstungen kehren Urteile wie ,,die teuflischen Mordbrenner",
,.Unmenschen", ,,allerunchristlichste Schand-, Brand-, Greuel- und Mordtaten
" immer wieder. Ludwig XIV. wird als das „apokalyptische Tier", als
der „christliche Suleiman" angeprangert. Die Bedrohung durch Türkennot
und Franzosenkrieg löste bei Fürsten und Untertanen erstmals einen deutschen
Patriotismus und das Gefühl der Solidarität gegenüber den fremden
Bedrohern aus. In der kollektiven Erinnerung der Deutschen lebte die Pfalzzerstörung
, symbolisiert in der Ruine des Heidelberger Schlosses, als Beleg

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